In der braunen Ecke: Neonazi Oskar Faust kämpft bei „Ringlife Talents“

Werbepost bei Instagram für den Kampf von Oskar Faust bei „Ringlife Talents“ am 06.07.2025

Update nach Veröffentlichung (Stand 03.07.2025): Nach Eigenangaben wurde Oskar Faust von der Fight Card für das Event von „Ringlife Talents“ am 06.07.2025 gestrichen. Auf den offiziellen Kanälen der Veranstalter wurde die Kampfankündigung gelöscht.

Am 06.07.2025 findet im Bonner „Maritim Hotel“ ein Kampfsportevent der Reihe „Ringlife Talents“ statt. Namensgebend für das Event ist der Kampfsport-YouTuber und Influencer „Ringlife“ alias Edmon Avagyan. Wenn dieser sich nicht in Reaction-Videos über kritische Berichterstattung zu Neonazis im Kampfsport echauffiert, ist er als Unternehmer, Kommentator oder Veranstalter von Kampfsportevents aktiv. Da „Ringlife“, seine Marke „Ringlife Fightwear“ und seine verschiedenen Events gegenwärtig eine nicht zu unterschätzende Strahlkraft und Popularität in der Kampfsportszene besitzen, ist es umso fragwürdiger, dass mit Oskar Faust ein Leipziger Neonazi bei dem anstehenden Event in Bonn auf der Fight Card zu finden ist. Dies gilt auch mit Hinsicht auf einen von Edmon Avagyans Geschäftspartnern, der mit seiner Marke „8 Weapons“ ein breites Spektrum von nicht-rechten Kampfsportler:innen-und Events unterstützt.

Der Anfang zwanzigjährige Oskar Faust ist bereits seit dem Teenageralter Gast in diversen rechten Gyms in Leipzig: Imperium Fight Team, Bushido Sportcenter, Sin City Boxgym und Siam Gym – kaum eine rechtsoffene Kampfsportadresse in der Stadt, an der Faust im Laufe der letzten Jahre nicht auf der Matte posierte. Und auch politisch hat Faust früh Farbe bekannt, u.a. für die sogenannte „Deutsche Patriotische Gemeinschaft“ (DPG). Im Jahr 2020 ließ er sich für ein Social Media-Posting der DPG ablichten, das mit den Worten „Ein Volk ist nur so viel wert, wie es seine Ahnen ehrt“ versehen war. Das Zitat wird dem NS-Dichter und späteren NPD-Mitglied Herbert Böhme zugeschrieben.

Im Jahr 2020 wirbt Oskar Faust mit seinem Namen für die DPG

Neonazistische Geschichtspolitik und Revisionismus sind Oskar Faust ein fortwährendes Anliegen. 2022 forderte er am 8. Mai in einer Instagram-Story: „Weg mit dem Schuldkult“, im Februar 2025 teilte er anlässlich des Jahrestages der Bombardierung von Dresden im 2. Weltkrieg ein Meme von „Wilhelm Kachel“, dem Social Media-Projekt des ehemaligen Leipziger IB-Aktivisten Alexander „Malenki“ Kleine.

2022 und 2025 veröffentlichte Storys von Faust bei Instagram

Eine Verbindung von Kampfsport und neonazistischer Ideologie fand Oskar Faust in der „Division Sankt Michael“ (D.S.M), die in Sozialen Netzwerken die ehemaligen Kanäle der „Deutschen Patriotischen Gemeinschaft“ übernahm. Initiiert wurde die „D.S.M.“ vom schleswig-holsteinischen NPD-Kader Steven Trapke. Die Jugend- bzw. Wehrsportgruppe, deren Mitglieder sich in Chats und Gruppen in Gewaltfantasien und NS-Verherrlichung überschlugen, fand auch in Leipzig Anklang. So posierte Oskar Faust 2021 mit weiteren Leipziger Neonazis unter dem Kürzel „DSM“ (Divison Sankt Michael) nach absolvierter Trainingseinheit. Trainingspartner von Faust war dabei Hans-Georg Pförtsch. Dem umtriebigen Neonazi und ehemaligen AfD-Lokalpolitiker wird von staatlicher Seite die Mitgliedschaft in der rechtsterroristischen Gruppierung der „Sächsischen Separatisten“ vorgeworfen. Im November 2024 wurde er festgenommen.

Aufnahme des Leipziger Ablegers der „Divison Sankt Michael“ im Jahr 2021. Neben Faust (oben, 2.v.r.) posiert der mutmaßliche „Sächsische Separatist“ Hans-Georg Pförtsch (oben, 3.v.r.)

Wenn Oskar Faust nicht mit anderen Neonazis für den Umsturz oder den Kampf gegen politische Gegner:innen, Migrant:innen oder queere Menschen trainiert, feilt er an seinen Techniken, um seine sportliche Karriere voranzutreiben. Dabei musste er in Leipzig im Trainingsbetrieb keine ideologischen Abstriche machen. So war einer der ersten Trainer seiner sportlichen Laufbahn der Leipziger Neonazi Maik Kurzweil vom Sin City Boxgym (Bitterfelder Straße 7-11, 04129 Leipzig). Spielten sich dessen Aktivitäten vormals vor allem in der rechten Mischzene, zwischen Hooligans, Kampfsportlern und dem Hells Angels MC ab, trat er jüngst wieder öffentlich im neonazistischen Kontext in Erscheinung. Am 01.05.2025 nahm er beispielsweise am Neonaziaufmarsch von „Die Heimat“ (ehemals NPD) im thüringischen Gera teil. Wenige Monate zuvor war er bereits zur Eröffnung eines Objekts der Neonazi-Partei in Gera anwesend. 

Maik Kurzweil (links) im Gespräch mit Thorsten Heise beim Naziaufmarsch in Gera am 01.05.2025 (Quelle: Johannes Grunert)

In Kurzweils Sin City Boxgym trainierte Oskar Faust im Jahr 2022 u.a. mit seinem Jugendfreund Dominik Thomas, der oft an Fausts Seite ist. Die beiden verbindet nicht nur der Kampfsport, auch im Leipziger Jugend- und Amateurfußball waren und sind sie gemeinsam aktiv. Sie spielten in den Jugendteams der „SG Leipzig Bienitz“, bevor sie im Herrenbereich zum „SV Leipzig Nordwest“ wechselten, wo Dominik Thomas bis heute regelmäßig in der Leipziger Kreisklasse zum Einsatz kommt, während Faust die Priorität eher auf den Kampfsport zu legen scheint und die Fußballschuhe nur noch sporadisch schnürt.

Oskar Faust und Dominik Thomas im Trikot des „SV Leipzig Nordwest“ im Februar 2025

Im Jahr 2022 bereiteten sich Faust und Thomas im Sin City Boxgym auf ihre Kämpfe beim Kampfsport-Event „Frontiere – Respect of the Streets“ (ROTS) vor, das am 19.02.2022 in Leipzig stattfand.

Oskar Faust (li.), Maik Kurzweil (mit.) und Dominik Thomas (re.) im Februar 2022 im Leipziger „Sin City Boxgym“

Bei der Veranstaltungsreihe, die sich am schwedischen Format „King of the Streets“ orientiert, treten Kämpfer in einer Underground-Szenerie und -Ästhetik in verschiedenen Stilen (Boxen, Barenuckle, MMA) gegeinander an. Produziert wird das Format in erster Linie für die Verbreitung bei YouTube. Als Organisator und Gesicht nach Außen tritt unter dem Pseudonym „La Vie“ der Kampfsportler Steffen Stäbler auf. Stäbler ist eng an das Rockermilieu angebunden, wo er vorrangig freundschaftliche Verhältnisse zu verschiedenen Mitgliedern des „Hells Angels MC“ unterhält. Es verwundert daher nicht, dass bei den verschiedenen Veranstaltungen in Leipzig, die unter anderem im Siam Gym (Dessauer Straße 6, 04129 Leipzig) stattfanden, eine Melange aus Neonazis, Rockern und Hooligans das Publikum bildete.

Dominik Thomas (li.) und Oskar Faust (re.) bei der Veranstaltung „Frontiere – Respect of the Streets“ am 19.02.2022

Interessant ist die Teilnahme von Faust und Thomas bei ROTS auch deshalb, weil sich über die Person von Stäbler und dessen Netzwerke ein möglicher Link für eine der jüngeren Entwicklungen in Fausts „Karriere“ im neonazistischen Rocker- und Kampfsportmilieu finden lässt. Denn eine der unterstützenden Strukturen von Stäblers Event ist der „Ghost Gang MC“ rund um den Wuppertaler Neonazi Benjamin Schmoranz.

Steffen „La Vie“ Stäbler (2.v.r.) mit den Neonazis Benjamin Schmoranz (3.v.r.) und Dominik Brandes (1.v.l.) vom „Ghost Gang MC“ im Oktober 2023 bei einer Veranstaltung in Lahr/Schwarzwald

Mit dem Einstieg von Schmoranz – ehemals Anhänger des Bandidos MC – und seinem Aufstieg zum „Secretary“ entwickelte sich der „Ghost Gang MC“ zum Auffangbecken und Netzwerk dezidiert neonazistischer Akteure. Dem Motorcycle Club, kurz MC, gehört auch der Goslaer Neonazis Dominik Brandes an, zudem tauchen bei internen Feiern immer wieder Mitglieder der Neonazi-Bruderschaft „Brothers of Honour“ auf, die als Nachfolgestruktur von „Blood & Honour/Combat 18“ gilt und gegen deren Mitglieder es jüngst in diesem Kontext Durchsuchungsmaßnahmen gab. Auch der bekannte, mittlerweile inhaftierte Dortmunder Neonazi Steven Feldmann bewegt sich im engsten Kreis des „Ghost Gang MC“ und nahm mit Schmoranz am Prozessauftakt gegen die rechtsterroristische Neonazigruppe „Knockout51“ aus Eisenach teil. Laut eigenen Angaben verdingt sich Schmoranz seit einiger Zeit als „CEO“ verschiedener Projekte: als Chef der Kleidungslabels „Pure Violence“ und „Knock Out Streetwear“ sowie als Kampfsport-Manager und Promoter. 

Benjamin Schmoranz (li.) neben den Neonazis Nils Kirrbach (mit.) und Steven Feldmann (re.) während des Prozesses gegen „Knockout51“ am 21.08.2023 (Quelle: ZDF / Rechercheportal Jena-SHK)

Hier schließt sich der Kreis von Stäbler über Schmoranz zu Oskar Faust, der bereits 2024 auf Gruppenfotos mit Personen des Ghost Gang MC zu sehen war. Seit spätestens 2025 wird Faust offiziell von Schmoranz‘ „German Fighters Management“ (GF Management) vertreten und tritt für das „Pure Violence Team“ bei Veranstaltungen an. Schmoranz und Faust, das scheint eine sportlich wie ideologisch stimmige Partnerschaft zu sein. Nach einem Kampf von Faust, der zwischenzeitlich stark an Gewicht zunahm und inzwischen im Schwergewicht antritt, wurde gemeinsam im Clubhaus des „Ghost Gang MC in Bochum gefeiert. Zum Leipziger Freundeskreis gehört außerdem Nick Seifert, der auch schon an Feiern des Ghost Gang MC teilnahm, sich selbst als „Anti-Antifa“ betitelt und mit Faust zur Beerdigung von Ronny Beer im Oktober 2024 in Leipzig anreiste.  

Links: Benjamin Schmoranz (1.v.l.) mit Oskar Faust (3.v.l.), Dominik Brandes (4.v.l.) und Nick Seifert (1.v.r.) / rechts: Benjamin Schmoranz (li.), Oskar Faust (mit.) und Dominik Thomas (re.) nach dem Kampf von Faust am 03.05.2025 im Clubhaus des „Ghost Gang MC“ in Bochum

Faust und Thomas bewegen sich allerdings nicht ausschließlich in der rechten Mischszene, sondern nehmen aktiv an neonazistischem Demonstrationsgeschehen teil. Am 21. Dezember 2024 reisten die beiden zu einem Neonaziaufmarsch nach Magdeburg, wo u.a. die bundesweit bedeutenden Neonazi-Kader Alexander Deptolla, Sebastian Schmidtke und Thorsten Heise Redenhielten.

Oskar Faust (li.) und Dominik Thomas (re.) beim Neonazi-Aufmarsch in Magdeburg am 21.12.2024 (Quelle: Flickr, Pressefuchs)

Während in Magdeburg massenhaft die Sprechchöre „Abschieben!“ und „Deutschland Erwache!“ skandiert wurden, schlägt Dominik Thomas im Alltag auch andere Töne an. Unter dem Pseudonym „Doozy“ versucht er sich mehr schlecht als recht im Straßenrap und inszeniert sich als „multikrimineller Gesetzesbrecher“. Faust hingegen unterhält eine Bekanntschaft zum Leipziger Rapper „Omik K“ und umgibt sich gern mit Männern, die Vorstellungen von Stärke und Gewalttätigkeit verkörpern. Als einigende Klammern wirken dabei Antifeminismus, Nationalismus oder Sozialdarwinismus und in erster Linie geteilte patriarchale Männlichkeitsbilder. Gemeinsam mit ihren Bekannten sind Thomas und Faust regelmäßig als Gäste auf Partys im Leipziger „Westhafen“ anzutreffen.

Von Oskar Faust veröffentlichte Memes bei Instagram, in denen er die Hitler-Jugend glorifiziert und patriarchale Männlichkeitsbilder preist

Mit derlei Vorstellungen dürfte Oskar Faust bereits früh in Berührung gekommen sein. Sein Vater, Alexander Faust, kommt aus demselben Milieu, in dem nun sein Sohn Fuß fasst. Als ehemaliger Geschäftsführer der rechten „Black Rainbow Security“
ist Alexander Faust in der Mischszene aus Neonazis, Türstehern und Kampfsportlern gut vernetzt und hat diese in Leipzig und Ostdeutschland in den 2000er Jahren selbst mitgeprägt. Aus der Vernetzungsstruktur „Vereinigte Türsteher Ostdeutschland“
dürften auch Fausts bis heute andauernden Kontakte zu Mitgliedern des Hells Angels MC herrühren, gleiches gilt für die Neonazi-Struktur „HooNaRa“ (Hooligans, Nazis, Rassisten), die maßgeblich mit dem Chemnitzer Neonazi Thomas Haller verbunden wird. Auf dessen Trauerfeier im März 2019 legte auch Alexander Faust einen Kranz nieder. 

Alexander Faust (vorne, mit Kranz) auf der Beerdigung des Neonazis Thomas Haller am 18.03.2019 in Chemnitz (Quelle: RechercheNetzwerk Berlin)

Der Ruf „HooNaRa“ hallt indes bis in die jüngste Vergangenheit nach. So wurde dieser aus dem Publikum angestimmt als mit Martin Krause ein einschlägiger Neonazi-Kampfsportler aus den Reihen des „Bushido Sportcenter“ bei der Veranstaltung „Ostdeutschland Kämpft“
im Februar 2023 in den Ring stieg. Organisiert wurde das Event unter anderem von Alexander Faust. Auf der Fight Card nicht fehlen durfte an diesem Abend Oskar Faust. In der Ecke wurde er dabei vom Neonazi Brian Engelmann betreut.

Werbeplakat für „Ostdeutschland Kämpft“ am 05.02.2023 in Dölzig. Darauf unter anderem die Neonazis Brian Engelmann (oben, 1.v.l.), Martin Krause (oben, 3.v.l.) und Oskar Faust (unten, 1.v.l.)

Am kommenden Wochenende soll Oskar Faust nun bei einem Event des reichweitenstärksten deutschsprachigen Kampfsportinfluencer an den Start gehen. Gesponsort wird die Veranstaltung dabei unter anderem von der umsatzstarken Fitnessmarke „ESN“. Die fehlenden Berührungsängste mit und ideologischen Anknüpfungspunkte des Mainstream-Kampfsports an den neonazistischen Kampfsport sind keine Neuheit. Im Raum Leipzig gab es mit Timo Feucht und Benjamin Brinsa bereits in der Vergangenheit prominente Beispiele aus der rechten Hooliganszene vom 1. FC Lokomotive Leipzig.

Bei der kommenden Fightnight in Bonn ist Oskar Faust im Übrigen nicht der einzige Neonazi auf der Fightcard. Auch Lucas Sauer wird als Kämpfer angekündigt, ebenfalls für das „GF Management“. Sauer trägt nicht nur diverse neonazistische Motive als Tattoos auf der Haut, sondern gehört auch der Hooligangruppe „JSM – Jung Sportlich Motiviert“ des 1. FC Schweinfurt an, die maßgeblich vom Neonazi Marc „Rohri“ Rohrbacher geführt wird. Rohrbacher betreute bereits bei vergangenen Kampfsportevents als Coach die Ecke von Lucas Sauer.

Bei aller Vehemenz mit der Edmon Avagyan jede Nähe des Kampfsports zum Neonazismus abstreitet, kann er diese Distanz nun selbst am Umgang mit eindeutig im Neonazismus zu verortenden Sportlern auf seinem Event unter Beweis stellen. Zumindest Benjamin Schmoranz und sein „GF Mangement“ waren bereits Anfang Juni Teil eines Events der „Ringlife Talents“-Reihe, offensichtlich ohne, dass vom Veranstalter eine kritische Auseinandersetzung mit dem Team stattfand.