Neue Anlaufstelle für Neonazi-Hooligans – die Eröffnung der „Gladiator Fight Academy“ in Halle (Saale)

Theo Weiland und Christoph Henze mit Kämpfer Hans Krüger bei der „Ranking Fights Boxnacht“ in Halle im Juni 2024 (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Auf Instagram kündigte die „Gladiator Fight Academy“ vor wenigen Monaten an, im Januar 2025 in Halle (Saale) ein Kampfsport-Studio eröffnen zu wollen. Ein Vorhaben, das die Initiatoren schon im Laufe des letzten Jahres umsetzen wollten. Das dafür vorgesehene Gebäude brannte jedoch kurz vor der Eröffnung nieder, aus bislang ungeklärten Ursachen.

Mit umso mehr Vorsicht wurde die Adresse der aktuellen Location bedeckt gehalten, damit dort ab dem 18. Januar täglich u.a. Kurse im Boxen, K1, MMA und Grappling angeboten werden können.
Wie nun bekannt wurde, ist dafür eine Ladenfläche an der Beethovenstraße Ecke Lutherstraße, inmitten einer Wohnsiedlung in der südlichen Innenstadt von Halle angemietet worden. Zuvor war in den Räumlichkeiten u.a. ein Crossfit-Studio untergebracht.
Warum die Eröffnung des Gyms ein Problem ist und welche Protagonisten aus der extrem rechten Hooliganszene dahinter stecken, darauf soll die folgende Recherche hinweisen.

Das Gebäude, in der die „Gladiator Fight Academy“ seit Januar 2025 untergebracht ist (Bildquelle: Screenshot Google Streetview)

Aufstrebende Kampfsportler, Freunde…

Die Köpfe hinter der „Gladiator Fight Academy“ sind bei weitem keine Unbekannten. Der aus Saalfeld stammende und seit langem in Halle wirkende Theo Weiland, der Leipziger Christopher Henze und der gebürtige Cottbusser Hans Krüger bilden nämlich das Kernteam, sowohl in Form der Firmenstruktur, als auch im zukünftigen Trainerstab. Alle drei sind seit vielen Jahren im Kampfsport aktiv. Noch bis vor nicht allzu langer Zeit engagierten sie sich beim „La Familia Fightclub“, als Trainer und/oder als als Vertreter des Gyms im Ring etlicher regionaler und überregionaler Fightnights. Allen voran auf der Hausgala, der „La Familia Fightnight“, oder auf befreundeten Events wie der „Imperium Fighting Championship“ in Leipzig. Das letzteren angebundene „Imperium Fight Team“ hat Christopher Henze mit aufgebaut.

Theo Weiland und Steve Beier (2.v.r.) als Coaches von Hans Krüger (3.v.r.) (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Während Weiland und Henze ihre Karriere als Wettkämpfer aktuell beendet zu haben scheinen, absolvierte Krüger erst im letzten Jahr sein Profi-Debüt auf der „Ranking Fights Boxnacht“ in Halle – bereits dort als Kämpfer der „Gladiator Fight Academy“. In seiner Heimat in Brandenburg kennt man ihn im Amateurbereich als Wettkämpfer des „Kickbox-Team Cottbus 09“ (KBTC). Mit diesem kooperierte der Hallesche „La Familia Fightclub“ bereits 2019, nämlich im Coaching von Hans Krüger. Somit stand ihm Theo Weiland gemeinsam mit Steve Beier vom KBTC zur Seite. Beier taucht aktuell auch im Kontext der „Gladiator Fight Academy“ auf. Laut Darstellung auf Instagram habe seine Firma, die „MSM Sicherheitsmanagement GmbH“, den Objektschutz und die Security für die neue Trainingsstätte in Halle gesponsort.

Theo Weiland und Christopher Henze (rechts) auf einem Schießstand während eines Outdoor-Events im Spreewald im Sommer 2021 (Bildquelle: Collage Screenshots Instagram)

Die drei Kampfsportler Weiland, Henze und Krüger verbringen aber auch ihre Freizeit miteinander, sind offensichtlich freundschaftlich verbunden. U.a. besuchten sie im Sommer 2021 gemeinsam ein Outdoor-Event in Südbrandenburg, das von „Spreewald-Survival“ veranstaltet wurde. Das liegt nah, denn dessen Mitbetreiber Mario Schulze war ebenfalls im KBTC und im angebundenen „Kampfsport Lausitz e.V.“ aktiv, bis er vor wenigen Jahren das „Kampfsport & Athletikcenter Calau“ eröffnete. Sein „Spreewald-Survival“ bietet körperliche Ertüchtigung, Survival-Training und – wie im Falle des Ausflugs von Krüger, Henze und Weiland – einen Besuch auf dem Schießstand.

und Protagonisten der Neonazi-Hooliganszene

Gemeinsames Training von Hooligans des „Jungsturm“ mit LOK-Hooligans im Gym des „Imperium Fight Team“ um 2019 (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Womit keiner der Hauptakteure des neuen Hallenser Gyms hausieren geht, weil dort zukünftig u.a. auch Kinder-Trainings stattfinden und die Kassen füllen sollen, ist ihr Wirken im extrem rechten Ultra-und Hooligan-Milieu.

So gehörte Theo Weiland spätestens ab 2016 zur Führungsriege der Hooligan-Gruppe „Jungsturm“, die sich im Fan-Klientel des FC Rot-Weiß Erfurt (RWE) verortete. Er war für die Professionalisierung der seit 2014 bestehenden Gruppe verantwortlich und vermittelte den anderen Mitgliedern – ausnahmslos Neonazis aus Thüringen – seine Fähigkeiten im Kampfsport. Der „Jungsturm“ forcierte zwar vorrangig sogenannte „Ackerkämpfe“ gegen andere Hooligan-Gruppen, führte aber auch brutale Überfälle auf verfeindete Ultras des FC Carl Zeiss Jena, aufgrund ihres antirassistischen Grundverständnisses, aus. Im Nachgang eines solchen Angriffs 2019 habe Weiland – so wird später im Strafprozess gegen den „Jungsturm“ bekannt – mit einer Bekannten gechattet und geprahlt, dass dort „Jena/Antifa“ richtig kassiert habe.
Fast geschlossen reiste der „Jungsturm“ 2019 auch zum neonazistischen „Tiwaz“-Turnier in Crossen bei Zwickau an, um eines seiner Mitglieder zu unterstützen, das dort im Ring stand.

Training des „Jungsturm“ um Theo Weiland (mittig) im Neonazi-Objekt „Erlebnisscheune“ in Kirchheim in Thüringen (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Im Oktober 2019 wurden die Wohnungen von Mitgliedern des „Jungsturms“ erstmals wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung durchsucht, es folgten Durchsuchungen im Frühjahr 2020. Immer wieder wurden dabei nicht nur Devotionalien der Hooligan-Gruppierung selbst gefunden, sondern auch neonazistisches Propaganda-Material, sowie klar politische Selbstdarstellungen der Gruppe. Etwa die Rohversion eines Interviews, das bei Weiland gefunden wurde, in dem der „Jungsturm“ erklärt, wen man als Gruppe hasse: „Jena, Antifa, Schwuchteln und andere Untermenschen“. Ein auf einem beschlagnahmten Telefon festgestelltes Bild zeige Weiland zudem in Sturmhaube mit aufgedruckten Hakenkreuz, wie später im Prozess dargelegt wird.

Nach der Razzia 2020 landet Theo Weiland in U-Haft, der Vorwurf lautet u.a. Gründung und Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung. Verurteilt wurde er letztlich im Februar 2021 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Das Urteil wurde im Frühjahr 2022 rechtskräftig.
Warum es danach zu einem Zerwürfnis mit dem „La Familia Fightclub“ kam, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Fakt ist aber, dass Weiland auch nach seiner U-Haft weiterhin als Aushängeschild des Gyms galt. Eine rechte Gesinnung oder sein Wirken in der Neonazi-Hooligan-Szene wird nicht der Grund für das Zerwürfnis gewesen sein. Denn bis heute trainieren im „La Familia Fightclub“ Neonazis wie Felix Reck. Der wie Weiland aus Saalfeld stammende und seit geraumer Zeit in Halle wohnhafte Neonazi gehört der Hooligan-Szene um den „Jungsturm“ an, die aktuell allerdings nur unter konspirativen Umständen agiert.
Am Empfang des „La Familia Fightclub“ findet man darüber hinaus Christian Zeuner, der schon länger gute Kontakte ins rechte Hooligan-Milieu in Halle, Leipzig und Erfurt pflegt. Anfang 2021 fiel Zeuner zudem im Rahmen (rechter) Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf. Damals war er am Rande eines solchen Protests an einem Angriff auf Linke beteiligt.

Christopher Henze (hinten links) mit anderen LOK-Hooligans und dem „Jungsturm“-Mitglied Steve Weinhold (hinten, mittig) beim „Hool-Cup“ 2024 (linkes Bild) und Henze (3.v.r.) im Stadion des 1. FC Lokomotive Leipzig mit dem Kopf der Hooligans, Benjamin Brinsa (1.v.l.) im Jahr 2022 (Bildquelle: Collage Screenshots Instagram)

Christopher Henze, genannt „Joker“, kann auf eine ähnliche Vita zurück blicken, vor allem hinsichtlich seiner Karriere in der Neonazi-Hooligan-Szene. Schließlich gilt er seit den 2000er Jahren als rechte Hand von Benjamin Brinsa, dem Aushängeschild der Hooligan-Szene des 1. FC Lokomotive Leipzig (LOK). Für das „Imperium Fight Team“, das Brinsa bis heute coacht, kämpfte Henze ebenfalls und nahm in der Trainingsstätte des Team regelmäßig auch an gemeinsamen Trainings mit Gruppen wie dem „Jungsturm“ teil. Als Angehöriger des gewaltorientierten Fußballklientel habe er schon „vor 17 Jahren die deutschen Stadien geentert“, prahlt er 2022 auf Instagram. Ein Band, das bis heute besteht, denn erst im Juli 2024 war er Teilnehmer des sogenannten „Hool-Cup“, einem internen Fußballturnier der extrem rechten, befreundeten Hooligan-Szenen von RWE, HFC und LOK.
Als Henze im Januar 2016 mit bis zu 250 weiteren Personen den links geprägten Stadtteil Connewitz in Leipzig überfallen hatte, war es auch das Hooligan-Milieu von LOK, dass das Ganze maßgeblich koordiniert hatte. Im November des selben Jahres war Henze außerdem Teil einer rund 40-köpfigen Gruppe LOK-Hooligans, die offenbar einen bewaffneten Angriff auf verfeindete, antifaschistisch geltende Fußballfans der BSG Chemie Leipzig in Gera geplant hatte. Bis zur vermeintlichen Selbstauflösung gehörte Henze der extrem rechten Fangruppierung „Scenario Lok“ an. Mit Benjamin Brinsa nahm er zuletzt im Oktober 2024 in Leipzig an der Beerdigung des Kampfsportlers und Türstehers Ronny Beer teil, der – laut einer Aussage von Brinsa – die Hooligans und Kampfsportler um das „Imperium Fight Team“ stark geprägt habe.

Hans Krüger entstammt wiederum dem rechts-dominierten Fan-Klientel des FC Energie Cottbus (FCE). Einen Schriftzug des Fußballclubs ließ er sich sogar auf dem Oberschenkel tätowieren. Er pflegt freundschaftliche Verbindungen in die etablierte Neonazi-Szene in Cottbus, die sogar von den Sicherheitsbehörden aufgrund der breiten Vernetzung ins Sicherheitsgewerbe, in Fußball- und Rockerstrukturen, als auch hohen Gewaltbereitschaft als „toxisches Gebilde“ bezeichnet wird. Krüger selbst hält sich mit politischen Statements meist zurück. Die wenigen Male, wo er diese äußert, wird die Richtung aber schnell klar. So erstellte er in den sozialen Netzwerken etwa einen geschichtsrevisionistischen Beitrag anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 und bediente damit bewusst den Opfermythos, den sich die Neonazi-Szene vor Jahrzehnten anlässlich dieses Ereignisses erschaffen hatte.

Hans Krüger (vorne 1.v.r.), William Puder (vorne 2.v.r.) und u.a. Daniel Grätz (hinten 1.v.l.) inmitten der Cottbuser Fanszene, auswärts in Osnabrück im September 2024 (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Trotz seines aktuell vorrangig in Halle stattfindenden Engagements, sind Krügers Verbindungen in die Neonaziszene Cottbus’ stabil. Erst im September 2024 besuchte er ein Auswärtsspiel des FCE in Osnabrück und posierte dort für ein Gruppenbild, u.a. mit Daniel Grätz und William Puder. Grätz gehört dem Kern der „Kampfgemeinschaft Cottbus“ an, die sich um die Neonazi-Marke „Black Legion“ formiert hat und in Südbrandenburg ein Netzwerk an rechten Schlägern rekrutieren konnte. Puder gehört ebenfalls diesem Netzwerk an und war bis zur Selbstauflösung Chef („Capo“) der extrem rechten, die Ultraszene des FCE dominierenden Gruppe „Inferno Cottbus“. Er kämpfte im Juni 2018 für das „Black Legion Team“ auf dem Neonazi-Turnier „Tiwaz“ im Erzgebirge und coachte einen Kämpfer dieses Teams im Oktober 2018 auf dem „Kampf der Nibelungen“ (KDN) in Ostsachsen. Seit Ende 2022 ist Puder Mitglied des Hells Angels MC.
Krüger und Puder sind auch über den Kampfsport bestens bekannt. Denn wie Krüger begann Puder seine sportliche Laufbahn beim „Kickbox-Team Cottbus 09“ und ist heute selbst Trainer im angebundenen „Kampfsport Lausitz e.V.“.
2023, während seines Engagements in Halle beim „La Familia Fightclub“, nahm Krüger zudem an den Trainings der rechten LOK-Hooligans im Gym des „Imperium Fight Teams“ in Taucha teil.

Rechte Hooligans im Wettkampf-Kader

Die „Gladiator Fight Academy“ bietet in Halle den Platz, das nötige Equipment und einen erfahrenen Trainerstab, um in der Region – ähnlich dem extrem rechten „Imperium Fight Team“ in Leipzig – einen neuen Anker, eine Anlaufstelle, für extrem rechte KampfsportlerInnen zu etablieren. Ein Blick auf den aktuellen Wettkampf-Kader verdeutlicht diese Annahme. Diesem gehören nämlich u.a. Hannes West und Dominic Exel an.

Das „Gladiotor“-Team bei einem Turnier in Eschenau im Dezember 2024, v.l.n.r.: Hannes West, Felix Stillers Bruder, Justin Scheppner und Hans Krüger (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Für das „Gladiator“-Team bestritt West sein Wettkampf-Debüt beim „Shuri Fight Club“ im April 2024 in Plauen. „Sein erster offizieller vielleicht“, wusste ein Kommentator in den sozialen Medien unter einem Posting der „Gladiator Fight Academy“ zum Kampf von West zu berichten.
Es folgte ein Kampf von West für das „Gladiator“-Team im Juni 2024 auf der „Ranking Fights Boxnacht“ in Halle. Zuletzt vertrat West das Team im Dezember 2024 auf der „Force et Honneur“-Fightnight in Eschenau – nicht zu verwechseln mit dem französischen, neonazistischen „Force et Honneur“-Turnier. Auch Justin Scheppner kämpfte dort für das „Gladiator“-Team. Er entstammt dem extrem rechten Kampfsport-und Hooligan-Milieu im Raum Cottbus.
Über Dominic Exel schrieb die „Gladiator Fight Academy“ auf Instagram stolz, dass er als junger und „hungriger Gladiator“ beim Newcomer Cup in Calau (Brandenburg) im Oktober 2024 einen starken Kampf, sein Kickbox-Debüt, abgeliefert habe. Ein Kampfsportturnier im Übrigen, das als Hausgala des bereits erwähnten „Kampfsport & Athletikcenter Calau“ von Mario Schulze gilt.

Im linken Bild: Hannes West (rechts) mit Tony Engelhardt, im Merchandise der LOK-Hooligans, im rechten Bild in Berufsbekleidung (Bildquelle: Screenshots Instagram)

West ist hauptberuflich bei der Bundeswehr tätig, wurde aber auch schon als Ordner im Stadion des 1. FC Lokomotive Leipzig und als Security in der Diskothek „SAX“ in Dölzig erkannt. Er und Exel trainierten bis 2023 hauptsächlich im „La Familia Fightclub“ in Halle. Bekannt sind sie aktuell aber vor allem als Mitglieder der sogenannten „Sportgruppe Halle“, der aktiven Hooligan-Gruppe des Halleschen FC. Die Trainings dieser Gruppe, an denen auch immer wieder die rechten LOK-Hooligans teilnehmen, finden im Geheimen in einem herunter gekommenen Flachbau in der Tiefe Straße in Halle, Stadtbezirk Süd, statt. Dort, wo im Haupthaus, auf dem Gelände der einstigen „Ersten Uhren-Produktionsgenossenschaft“, der Hallenser Ableger des Underdogs MC sein Clubhaus betreibt. Keine zufällige Wahl, denn der Motorradclub wird in Sachsen und Sachsen-Anhalt von Neonazis dominiert und bietet Schutz. In Sachsen-Anhalt gehört dem MC etwa Felix Stiller an, der um 2018 mit Dominic Exel den neonazistischen „Fightclub 062“ ins Leben rief und wie auch West im „La Familia Fightclub“ trainierte. Stillers Bruder ist aktuell ebenfalls Teil des „Gladiator“-Teams und betreute zusammen mit Krüger, West und Scheppner bei ihren Kämpfen in Eschenau.

Dominic Exel im Nachgang seines Kampfes beim „Tiwaz“-Turnier 2019 (links) und während seines Kampfes für das „Gladiator“-Team in Calau im Oktober 2024 (Bildquelle: Collage Screenshots Instagram)

Im April 2019 reisten u.a. Exel und Felix Stiller mit dem „Fightclub 062“ zum neonazistischen „Pro Patria Fest“ nach Griechenland, im Juni des selben Jahres kämpfte Exel für das Team auf dem extrem rechten „Tiwaz“-Turnier in Sachsen. Der „Fightclub 062“, der mittlerweile inaktiv ist, wurde in der Zeit gar offizieller Unterstützer des KDN und prangte auf den Bannern des Vorzeige-Events der organisierten Neonazi-Szene.
Bei der „Sportgruppe Halle“ ist Exel jetzt schon seit ein paar Jahren aktiv. Wie Hannes West unterstützt auch er die rechten LOK Hooligans und nimmt an gemeinsamen Trainings teil.
Professionellen Support in der Ausbildung bekommen die Hallenser Hooligans von Theo Weiland, der erst vor ein paar Monaten als Teilnehmer eines Trainings in der Tiefe Straße in Halle festgestellt werden konnte.

Fotos aus dem Inneren der geheimen Trainingsstätte der „Sportgruppe Halle“, u.a. mit Dominic Exel (linkes Bild, unten) und Theo Weiland (Mitte, rechts) (Bildquelle: Collage Screenshot Instagram)

Ohne dass die „Gladiator Fight Academy“ überhaupt offiziell eröffnet hat, können so zig Verbindungen ins neonazistische, gewalttätige Milieu nachgewiesen werden. Bemerkenswert ist dabei auch die durch Hans Krüger entstandene Verbindung zur (rechten) Ultra-und Hooligan-Szene des FC Energie Cottbus. Ein durchaus neues Merkmal für die rechte Fußballszene im Großraum Leipzig, die sonst vehement darauf pocht, dass dort „nur LOK und Halle regiert“.

Ohne eigene Trainingsstätte konnte sich das „Gladiator“-Team zudem mehrfach mit Wettkampf-orientierten Mitgliedern überregional präsentieren und dürfte vor allem mit talentierten Kämpfern wie Hannes West und Hans Krüger in den nächsten Jahren von sich hören lassen. Nicht zuletzt durch die Unterstützung der Hooligan-und Ultraszenen, wie am 1. Juni 2024 bei der „Ranking Fights Boxnacht“ in Halle. Unübersehbar war dort schließlich die Präsenz der Hooligans des HFC, die gemeinsam mit ihrem Umfeld einen rund 120-köpfigen Mob im Publikum bildeten – unterstützt von Protagonisten der Hooligan-Szene von LOK und vom Thüringer „Jungsturm“. Weil an dem Abend nicht nur Hannes West, sondern eben auch Hans Krüger kämpfte – betreut von Weiland und Henze –, waren zudem bis zu 30 Personen aus der Cottbuser Ultra-und Hooligan-Szene anwesend. Als diese lautstark die Fußball-Parole „Wir sind alles Cottbuser Jungs“ anstimmten, reagierte der benachbarte Hallenser und Leipziger Hooligan-Mob nicht.
Die genannten Gruppen, sowie eine größere, separat sitzende Gruppe von Ultras des HFC dominierten an dem Abend die Tribünen. Zuletzt hatte es solch eine starke Präsenz dieses Klientel bei den „Imperium Fighting Championships“ gegeben. An der teils extrem rechten Szene-Bekleidung störte sich auf der „Ranking Fights Boxnacht“ ebenso niemand.

Hannes West im Shirt der „Gladiator Fight Academy“, zusammen mit anderen Hooligans des HFC, darunter Dominic Exel (2.v.l.), im Nachgang seines Kampfes auf der „Ranking Fights Boxnacht“ im Juni 2024 in Halle (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Möglichkeiten für die Szene

Die bisher genannten Hooligan-Szenen sind in großen Teilen nicht extrem rechts aufgrund ihrer Aktivitäten. Teils noch nicht einmal aufgrund von Statements oder dergleichen. Sie werden der extremen Rechten zugeordnet aufgrund ihrer Mitglieder, deren Weltanschauung und dem Netzwerk, in dem sie agieren. Die Gruppierungen sind schließlich ein Auffangbecken von Personen mit gleichen Werten und Vorstellungen: das Recht des Stärkeren, das mit Gewalt durchgesetzt werden darf, die Vorherrschaft der weißen „Rasse“ und deren Verteidigung, wie auch die Ablehnung einer liberalen Gesellschaft – von Person zu Person individuell stark oder schwach ausgeprägt.
Menschen mit diesen Vorstellungen, Werkzeuge in die Hände zu legen – in dem Fall der Kampfsport – und diese daran auszubilden, trägt maßgeblich zur Förderung der Gewaltkompetenz bei. Kampfsport könne im Straßenkampf effektiv sein und für den „Tag X“, den von den Neonazis herbei gesehnten Tag des politischen Umsturzes, von Nutzen sein, hieß es unverhohlen auf einem Turnier des KDN im November 2018.

Mit Christopher Henze, Theo Weiland und Hans Krüger befinden sich Schlüsselpersonen aus dem rechten Hooligan-Milieu in offizieller Funktion als Trainer. Sie entscheiden, wer zum Training kommen darf und wem dort welche Skills beigebracht werden. Auch entscheiden die Trainer über die Art und Weise der Trainings. Dass die drei Headcoaches der „Gladiator Fight Academy“ nachweislich regelmäßig Trainings der Hooligan-Szene besuchten/besuchen und teils leiteten/leiten, spricht nicht für eine Qualifikation als Betreuer von Kindern und anderen vulnerablen Gruppen im Kampfsport. Auch das Weiland 2017 im „La Familia Fightclub“ den langjährig in der Dortmunder Szene aktiven Neonazi Franz Pauße auf seinen Kampf beim „Kampf der Nibelungen“ vorbereitet hatte, verheißt im Hinblick auf die neue Kampfsportstätte in Halle nichts Gutes.

Felix Reck und Steve Weinhold als Security in Selfie-Pose mit HFC-Hooligan Tony Engelhardt, bei einem Heimspiel des HFC im März 2024, im rechten Bild in Aktion während eines Störversuches durch die HFC-Hooligans (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Denkbar ist zudem, dass über das Gym neues Personal an die regional rechts-dominierte Sicherheitsbranche heran geführt wird. Viele der hier genannten Personen arbeiten bereits als Türsteher oder als Ordner im Stadion von LOK und dem HFC. Vor allem das rechte Netzwerk der „Vereinigten Türsteher Ostdeutschland“ um Firmen wie „BR Events“ (ehemals „Black Rainbow Security“) stellt häufig das Personal in den Stadien. Mit diesem hängt höchstwahrscheinlich auch zusammen, dass in der Heimspielstätte des HFC schon länger regelmäßig Protagonisten des „Jungsturm“ als Security eingesetzt werden, allen voran Steve Weinhold und Felix Reck. Als der HFC Anfang März 2024 zuhause gegen die SG Dynamo Dresden spielte, waren die beiden etwa am Pufferblock zwischen den beiden Fanszenen eingesetzt worden. Im Verlauf des Spiels versuchten Hooligans der „Sportgruppe Halle“ genau dort zu den Auswärtsfans zu gelangen, was Weinhold und Reck natürlich nicht verhinderten. Stattdessen wurden Selfies geschossen.
Kampfsport, Fußball-Gewalt und eine Tätigkeit in der Sicherheitsbranche sollte sich zwar eigentlich beißen, ist vielerorts allerdings zum Standard – und teils zum Qualitätsmerkmal – geworden.

Imperium Fight Team“ – Vorbild aus der Nachbarstadt?

Mit dem Wirken Christopher Henzes in der „Gladiator Fight Academy“ besteht bekannterweise ein kurzer Draht zu den bundesweit bekannten Neonazi-Hooligans von LOK um Benjamin Brinsa. Damit kann auch auf Fähigkeiten, Ressourcen und wenn nötig „manpower“ zurückgegriffen werden. Denn trotz aller Proteste und Konfrontationen besteht das „Imperium Fight Team“ (IFT) um Brinsa auch heute noch, verfügt über professionelle Trainingsräume und schickt regelmäßig Kämpfer im In-und Ausland in den Ring. Nachwuchs, der die erlernten Fähigkeiten aus dem Gym wohlwollend auch für den Kampf auf der Straße, gegen verfeindete Fußballfans, marginalisierte Gruppen und den politischen Gegner einzusetzen weiß.

Der LOK-Hooligan Matthias Friederich (1.v.l.) und seine Coaches Fabian Nebe und Paul Hoffmann bei der „Ranking Fights Boxnacht“ in Halle im Juni 2024 (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Beispielhaft für diesen Nachwuchs steht hierbei Fabian Nebe. Erstmals auffällig wurde Nebe im Raum Chemnitz, als er der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ angehörte und für deren Kampfsport-AG 2017 am „Kampf der Nibelungen“ teilnahm. Kurze Zeit später zog er nach Leipzig, schloss sich den LOK-Hooligans an und trainiert seit dem im IFT. Seit spätestens 2022 ist er selbst als Coach für andere Mitglieder des Gyms tätig, etwa für Matthias Friederich, als dieser im September 2022 bei dem Event „German Cage Pioneer 6“ im hessischen Lampertheim antrat. Gleiches gilt für die „Ranking Fights Boxnacht“ im Juni 2024 in Halle, bei der Friederich ebenfalls von Nebe betreut wurde. Im November 2024 war Nebe dann wieder selbst als Kämpfer aktiv, bei der USWM 35 im polnischen Grajewo, betreut von Brinsa, Friederich und Paul Hoffmann. Hoffmann, Theo Weiland und u.a. Hans Krüger waren wiederum im Mai 2020 für die „11. La Familia Fightnight“ in Halle angekündigt. Auf Promo-Bildern des Events präsentierte sich jeder der genannten Kampfsportler im Shirt seiner Fankurve, untertitelt mit „In den Farben getrennt, im Sport vereint“. Weiland ergänzte die Ankündigung in den sozialen Netzwerken mit den Worten „Erfurt, Leipzig, Halle – Kampfsportkrawalle!“.

Promo-Foto für eine „La Familia Fightnight“ 2020, u.a. mit Theo Weiland (3.v.r.), Hans Krüger (2.v.r.) und Paul Hoffmann (1.v.r.)

Die Fähigkeiten, die Nebe u.a. im IFT, aber auch bei gemeinsamen Kampfsport-Trainings mit Brinsa und Hannes West in Thailand erlernte, münden regelmäßig in Straßengewalt. Vor allem mit Personen, die er dem verfeindeten Fußball-Milieu oder der linken Szene zuordnet, sucht er die Auseinandersetzung. Als er mit Benjamin Brinsa und etlichen weiteren Neonazi-Hooligans aus ganz Deutschland koordiniert am Aufmarsch von „Querdenken“ am 7. November 2020 teilnahm, versuchte er trotz anwesender Polizeikräfte mehrfach Pressevertreter_innen anzugreifen und beteiligte sich im Laufe des Geschehens an Durchbruchsversuchen und Scharmützeln.
Im Leipziger Osten, wo Nebe aktuell zu wohnen scheint, fiel er bereits rund um die Eisenbahnstraße durch Provokationen auf, die zu handfesten Auseinandersetzungen führen sollten. Begleitet wurde er dabei häufig von Matthias Friederich, der selbst am Stannebeinplatz in Leipzig-Schönefeld wohnt. Sie schaffen damit eine Angstzone, in der sie festlegen – und auch nur sie wissen – wer Freund und Feind ist.

Fabian Nebe, Matthias Friederich und Benjamin Brinsa (v.l.n.r., farblich hervorgehoben) bei der Anreise zum „Querdenken“-Aufmarsch in Leipzig am 7. November 2024 (Bildquelle: Presseservice Rathenow)

Eine solche Angstzone könnte in Halle mit der Eröffnung der „Gladiator Fight Academy“ entstehen. Sich solche Orte zu erschließen gehört zur Raumnahme-Strategie der extremen Rechten und dient dazu, rechte Weltbilder zu normalisieren. Darüber hinaus sind Gyms und Fitness-Studios niedrigschwellige Angebote an ein rechts-offenes Publikum. Ein Potential, mit dem eigener Nachwuchs generiert werden kann – nicht nur für den „Acker“, sondern für politische, gewaltsame Auseinandersetzungen. Die Einbeziehung von Hooligans bei PEGIDA in Dresden und LEGIDA in Leipzig, der Überfall auf Leipzig-Connewitz im Januar 2016 und die Ausschreitungen rund um „Querdenken“ 2020 in der Leipziger Innenstadt verdeutlichen eindrücklich diese Gefahr.