
Schon länger scheinen sich verschiedenste Konzertveranstalter_innen, Booking-Crews und Bands, vor allem aus dem Bereich Hardcore und Metalcore, von dezidiert linken, selbstverwalteten Locations wie dem „Conne Island“ in Leipzigs Süden abgewandt zu haben. Die dafür ursächlichen Gründe können hier nicht abschließend bewertet werden. Fest steht aber, dass Konzerte dieser Subkultur stattdessen vermehrt im „Felsenkeller“ im Leipziger Westen stattfinden. Dort steht ein großer Saal, der eigentliche „Felsenkeller“, sowie ein angegliederter kleinerer Saal, das „Naumanns Tanzlokal“, zur Verfügung.
Dabei steht der „Felsenkeller“ weder für den Do-It-Yourself-Spirit, der durch die Punk-und Hardcore-Szene stark geprägt wurde, noch ist der „Felsenkeller“ ein explizit antifaschistischer (Schutz-)Raum. Mit Bands aus der linken Subkultur wird zwar kokettiert, eine grundlegende Haltung sucht man hingegen vergeblich. Statt Einbeziehung und Diskurs geht es um Kommerz. Wenn die Kasse klingeln soll, ist es egal, wer da auf der Bühne steht und welches Publikum am Ende den Laden füllt. Progressive Werte sind dann maximal ein Lippenbekenntnis.
Die folgende Recherche soll Aufschluss darüber geben, welche (extrem) rechten Akteur_innen Locations wie den „Felsenkeller“ für sich als Wohlfühlzone erkannt haben – vor, hinter und auf der Bühne. Darüber hinaus wird auf einzelne heraus stechende Personen eingegangen, die sich in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und in anderen Teilen Sachsens in der (linken) Subkultur verdingen. Diese Recherche ist eine Handreiche, die dabei helfen kann, Neonazis zu erkennen und von Shows zu verweisen.
Zwischen „Kublai Khan TX“ und „Stahlgewitter“ – das Ehepaar Vanessa und Tino Hänisch

Eine, die sich schon länger in Leipzig in der Subkultur bewegt, bislang aber nicht als Neonazi geoutet wurde, ist Vanessa Hänisch. Dabei ist sie Bassistin in der RechtsRock-Band „Ethos“, der u.a. auch Gitarrist Mirko „Barny“ Fritze (geb. Szydlowski) aus Thüringen angehört, sowie Dominik Burcek aus dem Raum Gütersloh an der zweiten Gitarre. Tino Hänisch – Ehepartner von Vanessa Hänisch – ist Sänger der Band und war bereits in den 2000er Jahren mit der Band „Selektion“ im RechtsRock tätig. Bevor Vanessa Hänisch den Bass spielte, besetzte Tobias Winter aus Thüringen, bekannt als Neonazi-Liedermacher „Bienenmann“, den Bass bei „Ethos“.
Die (politische) Öffentlichkeit scheute das Ehepaar Hänisch die letzten Jahre. Eines der wenigen bekannten Male, wo die Beiden an einem Aufmarsch in den letzten Jahren teilnahmen, war eine Versammlung von „Querdenken“ am 7. November 2020 in Leipzig. Unter den tausenden Teilnehmenden waren mehrere hundert organisierte Neonazis aus ganz Deutschland. Im Rahmen des Aufmarschs griffen diese Gegendemonstrant_innen und Journalist_innen an und durchbrachen Polizeiketten. Tino Hänisch nahm zudem im Februar 2019 am neonazistischen „Gedenkmarsch“ in Dresden teil.
Gegenwärtig betreibt Vanessa Hänisch in der Hans-Driesch-Straße in Leipzig-Leutzsch auch das Tattoo-Studio „Little Fox Artwork“. Als Tätowiererin nahm Vanessa Hänisch auch an einer Tattoo-Convention im Rahmen des neonazistischen „Schild & Schwert“-Festivals im April 2018 in Ostritz (Sachsen) teil. Sie hatte dort ihren Ehepartner Tino Hänisch tätowiert und gewann laut eigenen Angaben den Tattoo-Contest.

Mit Tino Hänisch und Dominik Burcek – der auch als Gitarrist bei der RechtsRock-Kultband „Sleipnir“ und als Solo-Musiker „Hermannskind“ aktiv ist – war Vanessa Hänisch erst im August 2025 im „Felsenkeller“ zu Besuch, als dort die US-Hardcore-Bands „Kublai Khan TX“, „BANE“ und „Fit For A King“ spielten. Begleitet wurden die Neonazis dort von einer Freundin, die sich in den sozialen Netzwerken aktuell „Kennyvonowl“ nennt (früher nannte sie sich „Kristin Albrecht“). Sie ist mit der Clique oft auf Konzerten anzutreffen, auch im extrem rechten Kontext. Zuletzt besuchte sie mit Vanessa Hänisch Ende März 2025 ein Konzert mit den NS-Hardcore-Bands „Burning Hate“ und „Eternal Bleeding“, die zusammen mit „Flak“ an einem bislang unbekannten Ort auftraten. „Kennyvonowl“ war außerdem einige Zeit die Partnerin von Steffen Andrä, einem langjährig aktiven Neonazi aus dem Altenburger Land, der sich zuletzt als Anwärter bei den „Hammerskins Sachsen“ versuchte.
Den „Hammerskins Rheinland“ gehört wiederum Philipp Neumann an, der als Liedermacher „Phil von Flak“ auftritt und Sänger der RechtsRock-Band „Flak“ ist. Als Live-Gitarrist wirkt er außerdem bei den bekannten Szene-Bands „Division Germania“ und „Stahlgewitter“ mit. Die erwähnten Neonazis Dominik Burcek und Tino Hänisch, gehören ebenfalls der aktuellen Besetzung von „Flak“ an und treten mit der Band vor allem auf Konzerten der mittlerweile in Deutschland verbotenen „Hammerskin Nation“ auf.

Neumann, gebürtiger Rheinländer, lebt seit einiger Zeit nun schon im Osten Deutschlands, im Landkreis Stendal. Trotz seiner etlichen Aktivitäten in der RechstRock-Szene, verortet er sich selbst stärker im Hardcore-Bereich, wie er in den sozialen Netzwerken verlautbart. Besonders schwärmt er für Bands wie „Lionheart“. Ein weit verbreiteter Merchandise-Artikel seiner Neonazi-Band „Flak“ ist sogar an die beliebte Hardcore-Band „Terror“ angelehnt. So wurde aus „Keepers Of The Faith“, der rassistische, von „Flak“ umgedichtete Slogan „Keepers Of The Race“.
Proberaum und Tonstudio im Leipziger Westen

Bis Sommer 2025 war Neumann sehr regelmäßig im Leipzig zu Gast, hauptsächlich um mit seiner Band „Flak“ zu proben. Deren Proberaum, samt Tonstudio, befand sich schließlich im Wohnhaus von Tino Hänisch im Leipziger Westen. Mehrfach trat dort Neumann auch vor ausgewähltem Publikum als Liedermacher auf, u.a. zur Feier anlässlich des 40. Geburtstages von Tino Hänisch im Oktober 2024. Gekommen waren damals bis zu 50 Personen, darunter bekannte Leipziger Neonazis wie Istvan Repaczki, aber auch „Szene-Prominenz“ wie Kai Naggert („Proto NDS“) und Marcel Hubrig, der auch als Liedermacher „Einzelkämpfer“ bekannt ist. Der Proberaum von „Flak“ und „Ethos“ im Leipziger Westen war nicht nur einmalig Austragungsort von Feiern mit musikalischer Begleitung. Noch im März 2025 fand dort ein Akustik-Konzert u.a. mit „Spreegeschwader“ um Alexander Gast aus Berlin statt.

Abseits von Feiern im privaten Neonazi-Kreis, sind Vanessa Hänisch und „Kennyvonowl“ in Leipzig auch auf Metal-Konzerten anzutreffen. Ein Bild aus den sozialen Netzwerken zeigt „Kennyvonowl“ etwa auf einem „Cannibal Corpse“-Konzert im „Felsenkeller“ im Oktober 2024, posierend mit dem langjährig in der rechten Fanszene des 1. FC Lokomotive Leipzig aktiven Istvan Repaczki. Auch der Veranstaltungsort „Hellraiser“ in Leipzig-Engelsdorf ist ein beliebtes Ausflugsziel der Clique um Vanessa Hänisch. Gemeinsam mit „Kennyvonowl“ war sie dort im Januar 2024 zu Gast bei einem Konzert der Deathcore-Band „Slaughter To Prevail“.
Das „Hellraiser“ ist nicht als linke Location bekannt, im Gegenteil. Immer wieder finden dort Konzerte mit Bands aus dem Black Metal-Bereich statt, die nicht selten mit der Neonazi-Szene verbandelt sind. So ist dort für Februar 2026 die Band „Nargaroth“ angekündigt, deren Sänger René „Ash“ Wagner mehrfach mit extrem rechten Äußerungen auffiel. Dass sich in der Location Björn Rimmert als Konzert-Fotograf („Algiz Photography“) verdingen kann, etwa im Mai 2025 auf einem Konzert u.a. mit „Antrisch“, passt – wortwörtlich – ins Bild. Rimmert stammt aus Ostwestfalen und ist seit ein paar Jahren in Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt) wohnhaft, wo er für die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ aktiv ist. Bundesweit nimmt er an Aufmärschen der Partei teil und fertigt dabei Fotos, die der Propaganda der Partei in den sozialen Netzwerken dienen. Neben seiner Tätigkeit als Partei-Fotograf versucht er sich außerdem in der Konzert-Organisation. Etwa im April 2023, als er im Neonazi-Objekt in Allstedt-Sotterhausen unter konspirativen Umständen ein NS-Black Metal-Konzert u.a. mit „Ahnenerbe“ durchzuführen versuchte. Das Konzert wurde letztlich durch Polizeikräfte aufgelöst. Auch auf Hardcore-Shows ist Rimmert als Fotograf tätig. So fotografierte er „Walls Of Jericho“ auf dem „Full Rewind“-Festival Anfang August 2025 in Roitzschjora, Nordsachsen. Er freue sich schon auf das Festival im kommenden Jahr, verlautbarte er auf Social Media. Gleiches gilt für Events wie das „Wave Gothic Treffen“, das immer zu Pfingsten in Leipzig stattfindet und welches er schon 2025 mit seiner Partnerin besuchte.

Als Wohnort haben Vanessa und Tino Hänisch Leipzig mittlerweile verlassen. Seit Juni 2025 bewohnen die beiden ein Einfamilienhaus in der Pegauer Straße/Schulplatz in Lucka im Altenburger Land (Thüringen), nicht weit von Leipzig entfernt. Tino Hänischs „Bauservice Hänisch“ blieb zumindest offiziell mit Firmensitz in Leipzig bestehen, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Veranstaltungsort „Bandhaus“ im Leipziger Westen. Auch Vanessa Hänisch ist weiterhin in ihrem Tattoo-Studio in Leipzig-Leutzsch tätig.
Postings aus den sozialen Netzwerken deuten darauf hin, dass am neuen Wohnort in Lucka ebenfalls Räumlichkeiten ausgebaut wurden, die für Aktivitäten mit ihren RechtsRock-Bands genutzt werden. Auch der Proberaum im Leipziger Westen scheint für „Flak“ und „Ethos“ weiterhin zugänglich zu sein.

In der politischen Öffentlichkeit zeigten sich Vanessa und Tino Hänisch in ihrer neuen Heimat zuletzt am 3. Oktober 2025, als die extrem rechte Partei „Freie Sachsen“, gemeinsam u.a. mit „Die Heimat“ zu einer Kundgebung nach Altenburg mobilisierte. Dort trat schließlich auch Philipp Neumann als Redner auf, der für die Neonazi-Partei „Die Heimat“ im Bundesvorstand sitzt.
In die Jahre gekommene „Autonome Nationalisten“ auf Shows

In der neuer Heimat der Hänischs im Altenburger Land, wohnen etliche, teils seit Jahrzehnten aktive Neonazis, wie der bundesweit bekannte Hammerskin Thomas Gerlach. Auch Gerlach, Ende der 2000er und in den 2010er Jahren politisch federführend in der parteilosen Neonazi-Organisation „Freies Netz“ aktiv, versuchte schon damals unerkannt mit weiteren „Autonomen Nationalisten“ u.a. in Leipzig an Hardcore-Shows teilzunehmen. Ein solcher Versuch, einem Konzert im „Werk II“ in Leipzig-Connewitz beizuwohnen, endete vor vielen Jahren für ihn schmerzhaft. Begleitet wurde Gerlach damals des Öfteren von Benjamin Klein, der in Lucka aufgewachsen ist. Bereits 2008, als er im nahen Groitzsch lebte, war Klein auf dem Neonazi-Konzert „Fest der Völker“ in Altenberg als Ordner eingesetzt. Im Zuge der Entwicklung eines eigenen Ablegers des „Freien Netz“, zog Klein um 2010 nach Zwickau und war dort maßgeblich am Aufbau der „Nationalen Sozialisten Zwickau“ beteiligt – gemeinsam u.a. mit dem NSU-Unterstützer André Eminger. Das enge subkulturelle Umfeld von Klein bildete die NS-Hardcore-Blase um die thüringisch-sächsischen Bands „Eternal Bleeding“, „Moshpit“ und „Brainwash“. Dieser Kreis versuchte immer wieder unerkannt an nicht-rechten Hardcore-Konzerten in alternativen Locations teilzunehmen, teils erfolgreich. Besonders die Alternative-, Nu-Metal und Metalcore-Abende in der Diskothek „BPM“ in der Nähe von Zwickau waren damals ein beliebter Treffpunkt der Neonazi-Clique. Dort fühlten sich die Neonazis anscheinend so wohl, dass sie im Dezember 2010 versuchten dort ein eigenes Konzert, mit Beteiligung bundesweit bekannter NS-Hardcore-Bands, zu veranstalten.

Bis heute ist dieser Freundeskreis um Benjamin Klein, der sich nun seit einigen Jahren um die Dresdner RechtsRock-Band „Blutzeugen“ schart, in unterschiedlicher Konstellation regelmäßig auf Punk-, Hardcore-und Metal-Konzerten anzutreffen. Besonders Mario Rudolf – u.a. Gitarrist bei „Moshpit“ und „Blutzeugen“, sowie als Solo-Musiker „Stereotyp“ aktiv – sowie sein Bandkollege Ricardo Gutte, sind dabei äußerlich nicht als Neonazis erkennbar. Sogar auf eigenen, szene-internen Konzerten tragen die beiden lieber Merchandise von Bands wie „Knocked Loose“.

Ähnlich unauffällig gekleidet nimmt Benjamin Klein an nicht-rechten Konzerten teil. Mit Istvan Repaczki und Sören Leibnitz besuchte Klein im Juni 2019 etwa ein „Slipknot“-Konzert in Leipzig. Damals trug Klein noch Schnauzbart. Sören Leibnitz kennt er noch aus der gemeinsamen Zeit bei den „Nationalen Sozialisten Zwickau“. Bis heute ist dieser zudem Musiker bei „Eternal Bleeding“ und mit Klein an die Zwickauer „Eastside Boxpromotion“ um den „Kampf der Nibelungen“-Kämpfer und Neonazi-Hooligan Steffen Reitberger angebunden.
Kleins politische Tätigkeiten finden heute nur verdeckt statt. So war er längere Zeit in den sozialen Netzwerken als „b.riefenstahl“ und „beni.riefenstahl“ aktiv und teilte vor allem Propaganda der sogenannten „Neuen Rechten“. Mit seinem Instagram-Account betreute er außerdem die Social-Media-Präsenz der Dresdner RechtsRock-Band „Blutzeugen“, wie auch die des heute in Südbrandenburg ansässigen Neonazi-Labels „OPOS-Records“. Mit Musikern von „Blutzeugen“ nahm Benjamin Klein im Februar 2019 an einer Gedenkveranstaltung im Rahmen des neonazistischen „Tag der Ehre“ in Budapest teil. Aktuell ist Klein auf Social Media unter dem Pseudonym „Kvlturbanause“ aktiv. Seinen über 2.000 Followern präsentiert er sich als moderner Faschist, inspiriert von der italienischen „Casa Pound“-Bewegung und dem „Zentropa“-Netzwerk. „Was sagt du, wenn sie dich einen Faschist nennen? Ich sage Danke!“, heißt es übersetzt in einem Posting von Klein im Sommer 2023. Unter dem Namen „Kvlturbanause“ ist Klein außerdem Teil des Teams des Podcasts „von rechts gelesen“ des extrem rechten „Jungeuropa“-Verlags.
Südthüringer NS-Hardcore-Blase

Andere, die ebenfalls den „Autonomen Nationalisten“ entstammen und regelmäßig auf ostdeutschen Hardcore-Shows auftauchen, sind Christopher Klein und Marcus Wendt aus Südthüringen. Beide besuchten erst im Juni 2025 ein Konzert der US-Hardcore-Band „Terror“ im „Bandhaus“ in Erfurt. Wenig später waren sie Teilnehmer eines Konzerts der antifaschistischen Metalcore-Band „Heaven Shall Burn“ im Schützenhaus in Themar. Für ein Foto posierten sie dort hämisch vor einem antirassistischen Banner. Offenbar wurden sie vor Ort nicht als Neonazis erkannt. Erst kürzlich bewarb Klein in den sozialen Netzwerken außerdem ein Hardcore-Konzert u.a. mit „Passed Out“, „Wrecked Culture“ und „Words of Concrete“, das im November 2025 im Schützenhaus in Themar stattfinden wird.
Wendt ist musikalisch von Bands wie „Heaven Shall Burn“, „Lionheart“ und „Ignite“ angetan und besucht deren Konzerte in Thüringen und Sachsen, etwa im „F-Haus“ in Jena oder auf dem „Impericon“-Festival in Leipzig. Er behauptet „Straight Edge Hardliner“ zu sein, ähnlich wie Christopher Klein, und bewegt sich im Dunstkreis der NS-Straight Edge-Gruppierung „Wardon 21“. Die Gruppe besteht aus einem Personenkreis, der in Südthüringen einst das Konzept der „Autonomen Nationalisten“ und „Freien Kräfte“ verfolgte. „Wardon 21“ ist ein wichtiger Unterstützer des europaweit einflussreichen Formats „Kampf der Nibelungen“. Philipp Liebetrau, einer der Hauptprotagonisten von „Wardon 21“ neben dem aktuell inhaftierten Österreicher Manuel Eder, wirkt außerdem bei der aktuell nicht aktiven NS-Hardcore-Band „Terrorsphära“ mit. Mit Liebetrau und den „Wardon 21“-Mitgliedern Philipp Oertel und Jörg Henning hat Christopher Klein auch beruflich zu tun. Die Vier sind für die „Eck Security“ tätig, die ihren Sitz in Mellrichstedt hat, an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern.

Es überrascht hier wenig, dass alle genannten Mitglieder von „Wardon 21“ regelmäßig und bundesweit Teilnehmer von nicht-rechten Hardcore-Shows sind. Bilder in den sozialen Netzwerken zeigen etwa Philipp Oertel mit Heiko Drews aus Spremberg (Brandenburg) und Mario Kleibert – beide langjährig aktive Neonazis – im Rahmen eines Konzerts von „Earth Crisis“ im Juli 2024 im „Cassiopeia“ in Berlin-Friedrichshain. Drews, der zudem den rechten Rockern des „Gremium MC Spremberg“ angehört, war auch im März 2025 bei einem Hardcore-Konzert mit „Agnostic Front“ und u.a. „Speed“ im Dresdner Club „Tante Ju“ zu Gast. Und, wie zu erwarten, im April 2025 im „Felsenkeller“ in Leipzig, als dort eine seiner Lieblingsbands, die Vegan-Straight Edge-Band „XDestroy BabylonX“, auftrat. Zur Einordnung: Drews war einst selbst Musiker in nicht-rechten Hardcore-Bands in Brandenburg (u.a. „Roodmass“) gleichwohl er ideologisch gefestigt ist. Auf seinem Körper ließ er sich das Motiv der „Schwarzen Sonne“ und der „Leibstandarte Adolf Hitler“ stechen, wie auch die Unterschrift von Adolf Hitler. Ausgestiegen ist er nie, auch wenn er beteuert weder rechts noch links zu sein und die offensichtlichen Neonazi-Symbole mit großflächigen schwarzen Tattoos überdeckt sind.

Für einen „Ausstieg“ spricht auch nicht, dass sein „108 Tattoo“-Studio aktuell in einem Gebäudekomplex in Spremberg ansässsig ist, in dem sich auch die Firma „Wolff Systemmontagen“ befindet. Inhaber dieser Firma ist Sebastian Wolff, Bassist der RechtsRock-Band „Frontalkraft“ und „Club-Bruder“ von Heiko Drews beim „Gremium MC Spremberg“. Drews selbst war auch im RechtsRock-Bereich tätig. 2023 gehörte er zur Besetzung der NS-Hardcore-Band „Terrorsphära“ – gemeinsam mit den „Wardon 21“-Mitgliedern Philipp Liebetrau und Manuel Eder, sowie Erik Rothe aus Allstedt-Sotterhausen (Sachsen-Anhalt) und Daniel Köhring aus dem Raum Strausberg (Brandenburg). Geprobt wurde damals im Neonazi-Objekt in Allstedt-Sotterhausen, wo Rothe mit seiner Partnerin und seinem Vater Enrico Marx lebt. Auch Rothe ist ab und an auf Hardcore-und Deathcore-Shows anzutreffen, in der Vergangenheit auch in linken Räumen wie dem AJZ Chemnitz.

Nicht zuletzt ist auch das „Wardon 21“-Mitglied Stefan Wedekind aus dem Raum Magdeburg regelmäßig auf Hardcore-Shows anzutreffen. In der Neonazi-Szene ist er als Sänger der NS-Hardcore-Bands „Painful Life“ und „Thrive On A Cross“ und als Schlagzeuger von „Burning Hate“ bekannt. Erst im Spätsommer 2025 war Wedekind Besucher eines Konzerts der australischen Metalcore-Band „Parkway Drive“ in Leipzig. Begleitet wurde er dort von Henry Lindner ,der aus Hoyerswerda stammt und um 2015 nach Machern im Raum Leipzig verzog. Er ist ebenfalls fester Bestandteil des überregionalen neonazistischen Freundeskreises um Marcus Wendt und Christopher Klein. Mit Klein nahm Henry Lindner im Sommer 2018, wie auch im Sommer 2019 an RechtsRock-Großkonzerten in Themar (Thüringen) teil. Im Oktober 2019 besuchte Lindner mit Klein und Wendt ein Gedenkkonzert für den in den 90er Jahren verstorbenen US-amerikanischen Hammerskin Joe Rowan, das im Szene-Objekt in Kirchheim (Thüringen) ausgetragen wurde.
Umtriebig und gut vernetzt

Metal-und Hardcore-Konzerte besucht auch Norman Wolf aus dem Raum Annaberg-Buchholz (Erzgebirge) gern und häufig. Besonders wohl scheint er sich in der „Alten Brauerei“ in Annaberg-Buchholz zu fühlen, aber auch im „JZ Riot“ in Lichtenstein (Zwickauer Land) ist er ab und an zu Gast, etwa im April 2025 als dort „Comeback Kid“ und u.a. „Mental Terror“ auftraten. An seinem Wohnort gehört er der rechten „Kameradschaft Schwarzmetall Erzgebirge“ an und ist als Szenefotograf unter dem Namen „White Wolf“ tätig. U.a. fotografiert er in diesem Rahmen NS-Black Metal-Konzerte wie das „Eternal Hate Fest“, das jährlich im Sommer in Tschechien stattfindet. Seinem Hobby geht er oft gemeinsam mit weiteren Neonazis nach, etwa mit dem bereits vorgestellten Björn Rimmert, oder mit langjährig aktiven Neonazis wie Kevin Seifert aus Sachsen-Anhalt („Freigeist“-Fotografie) und Dominik Hering aus Bayern („Tod.Feind“-Medien). Während Seifert das extrem rechte Medienformat „Media Pro Patria“ prägte, war Hering lange Zeit bei „Der III. Weg“ aktiv und ist heute Teil der rechten Bruderschaft „Germanitas Othala“.
In den sozialen Netzwerken bewirbt Norman Wolf regelmäßig Musikproduktionen. Nicht wenige stammen dabei aus dem NS-Black Metal-Bereich, wie „Der Tod und die Landsknechte“, „Temnozer“, „Stahlfront“ oder „Black Magick SS“. Darüber hinaus verlinkt er in seinen Beitragen u.a. das Neonazi-Label „OPOS-Records“, tritt als Unterstützer der extrem rechten Bekleidungsmarke „Leveler Clothing“ auf und posiert in Merchandise der NS-Hardcore-Bands „Terrorsphära“ und „Path of Resistance“. Sänger der letztgenannten Band, Mathias „Frösi“ Brüsehaber aus Mecklenburg-Vorpommern, ist seit Jahren auf nicht-rechten Hardcore-Shows anzutreffen, wie auch international regelmäßig auf RechtsRock-Konzerten. Im Titelbild dieses Artikels ist er im Shirt der bekannten Hardcore-Band „Ignite“ zu sehen. Das Foto selbst entstand im Rahmen eines Neonazi-Konzerts anlässlich Adolf Hitlers Geburtstags im April 2019 in Italien.
Auch Norman Wolf zeigt sich auf nicht-rechten Hardcore-Shows – auch im „Felsenkeller“ in Leipzig – gern in T-Shirts nicht-rechter Bands, wie etwa „Brawl Between Enemies“ und „One Step Back“. Mit „One Step Back“ ist er persönlich bekannt und fotografierte die Band als diese 2022 in der „Alten Brauerei“ u.a. mit „Punishable Act“ auftrat. Ein „dickes Dankeschön“ für die Fotos sendete „One Step Back“ damals an „white.wolf997“, das damalige Pseudonym von Norman Wolf in sozialen Netzwerken.

Wenn er sich nicht als Fotograf vor der Bühne bewegt, steht Wolf auch gern selbst im Rampenlicht, aktuell als Sänger der Deathcore-Band „Canaima“ und der Black Metal-Band „Granitader“. Die Shows von „Granitader“ wirken wie ein Abklatsch der erzgebirgischen NS-Black Metal-Band „Stahlfront“, mit deren Gitarrist Björn Eichhorn Wolf schließlich auch befreundet ist. Wie „Stahlfront“ nutzt „Granitader“ eine militärische Aufmachung, Fackel-bzw. Fahnenträger_innen inklusive. Bilder einer Fackelträgerin während eines Auftritts von „Stahlfront“ hat offensichtlich Wolf geschossen und auf seine Account hochgeladen. Konzerte der Band finden ausschließlich konspirativ statt. Eine Mütze mit dem SS-Totenkopf als Abzeichen, die diese Fackelträgerin während des Auftritts trug, retuschierte Wolf später in den veröffentlichten Bildern. „Daniela“, wie die Fackelträgerin mit Vornamen heißt, ist eine gute Bekannte von Wolf und im Erzgebirge häufig auf Metal-Konzerten als Tresenkraft anzutreffen.
„Stahlfront“, seine Bekannte „Daniela“ und Björn Eichhorn sind aber nicht die einzigen „realen“ Verbindungen von Wolf in die Neonazi-Szene. Ein Foto aus 2024 zeigt ihn auch beim Camping mit dem bayerischen Neonazi-Kader Patrick Schröder, wobei nicht nur Schröder sondern auch Wolf mit dem „White Power“-Handzeichen posierten. 2024, das geht aus einem Foto-Rückblick in den sozialen Netzwerken hervor, nahm Wolf zudem an einem RechtsRock-Konzert mit „Phil von Flak“ – der bereits erwähnte Philipp Neumann – teil, das unter konspirativen Umständen in Lunzenau (Mittelsachen) veranstaltet wurde.

Durch Wolf’s Anbindung an die nicht-rechte Subkultur hätte „Granitader“ im April 2025 beinahe ein Konzert mit der bekannten antifaschistischen Crust-Band „Downfall of Gaia“ in der „Alten Brauerei“ in Annaberg-Buchholz gespielt. Dank einer Intervention wurde „Granitader“ wieder ausgeladen. Der Weg von Wolf zur „Alten Brauerei“ bleibt trotzdem sehr kurz, denn niemand geringeres als Elisabeth „Elli“ G., seine Partnerin, ist dort für das Booking zuständig ist. Kaum vorstellbar, dass sie nichts von Wolfs neonazistischen Umtrieben weiß.
Exkurs: wieder rechte Konzerte in Staupitz?

Von der Absage in der „Alten Brauerei“ ließen sich „Granitader“ nicht beirren und spielten seit dem eine handvoll Shows. Schon vor der geplanten Show im April 2025 im Erzgebirge, spielte die Band im März 2025 in Nordsachsen, genauer noch in Torgau Ortsteil Staupitz. Austragungsort des Konzerts war der in der Neonazi-Szene beliebte „Alte Gasthof Staupitz“. Von 2008 bis 2023 gingen dort über hundert RechtsRock-Konzerte, mit teils internationalen Line-Up und Publikum, über die Bühne. Heute kann man sich in das Objekt, das mittlerweile den Namen „Hildes Tanzbar“ trägt, einmieten. So geschehen im März 2025, als dort die Black Metal-Konzertreihe „Nachtgroll“ das erste Mal über die Bühne ging. Neben „Granitader“ trat u.a. auch die Black Metal-Band „Flammenaar“ aus Nordsachsen auf, deren Schlagzeuger während des Konzerts ein Shirt der RechtsRock-Band „Übermensch“ trug. Den Merchandise von „Granitader“ betreuten wiederum Mitglieder der rechten Bruderschaft „Germanitas Othala“, Bilder vom Konzert schoss Björn Rimmert.
Auch die zweite Auflage des „Nachtgroll“ im Oktober 2025, wo u.a. die Torgauer Hardcore-Band „Eastcore“ auftrat, wurde von Rimmert fotografisch begleitet. Von der „Nachtgroll“-Crew gab es dafür in den sozialen Netzwerken einen „Fetten Dank“, sowie eine Verlinkung seines Profils. Allzu viel scheint sich in Staupitz seit 2023, seit dem vermeintlichen Aus als extrem rechter Veranstaltungsort, also nicht geändert zu haben.
Tagsüber AfD, abends im Moshpit

Auch Karl Morgenstern aus Zwickau bewegt sich seit längerem schon ohne großen Widerspruch auf Hardcore-und Metal-Shows. Er ist der Bruder des seit den 90er Jahren aktiven Neonazis Paul Morgenstern, der in der Szene durch sein Wirken bei den RechtsRock-Bands „Blitzkrieg“, „Leichenzug“, „Stahlfront“, „Front 776“ und „Der Tod und die Landsknechte“ bekannt wurde. In Puncto Bekanntheit steht Karl Morgenstern seinem Bruder allerdings in Nichts nach, schließlich ist er Hautverantwortlicher der Black Metal-Konzertreihe „Hell Unleashed“, die seit Jahren im Zwickauer „Club Seilerstraße“ stattfinden kann. Einzig ein Konzert mit der französischen NS-Black Metal-Band „Peste Noire“ im April 2017 mussten die Organisatoren um Morgenstern kurzfristig in einen Gasthof in Culitzsch bei Zwickau verlegen. Ein Konzert mit der finnischen NS-Black Metal-Band „Clandestine Blaze“ im Oktober 2025 konnte hingegen wie gewohnt in der Seilerstraße stattfinden. Etliche Neonazis folgten der Einladung.
In der neonazistischen Black Metal-Szene ist Karl Morgenstern seit etlichen Jahren aktiv. Gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin Janice Schöbitz – die ursprünglich aus Neufra (Baden-Württemberg) stammt, heute in Kahla bei Jena wohnt und dort als Tätowiererin „Black Sun Tattoo“ tätig is – nahm er schon 2016 am NS-Black Metal-Großkonzert „Hot Shower Festival“ in Mailand (Italien) teil. Damals stand dort auch Paul Morgenstern mit „Leichenzug“ auf der Bühne, während im Publikum etliche Male der Hitlergruß gezeigt wurde.

Im „Club Seilerstraße“ organisierte Karl Morgenstern in den letzten Jahren aber auch Oi-Punk-Konzerte, etwa mit „Trabireiter“ aus Erfurt oder „Discipline“ aus den Niederlanden. Auch ein Konzert mit dem rechten Neofolk-Projekt „Barditus“ konnte 2023 dort durchgeführt werden. Aufschreie aus der Zivilgesellschaft bezüglich des extrem rechten Treibens finden in Zwickau nur selten Gehör. Dabei ist die Verstrickung der neonazistischen Subkultur mit der AfD in kaum einer Stadt so offensichtlichen, wie in Zwickau. Denn auch Karl Morgenstern ist lokalpolitisch aktiv, und sitzt für die AfD im nahen Glauchau im Stadtrat. Dort ist er Fraktionsvorsitzender und wurde 2024 sogar zum vierten Stellvertreter des Oberbürgermeisters gewählt. Auch das politische Vorfeld der Partei gehört zu Karl Morgensterns Betätigungsfeldern. Zuletzt war er Besucher eines Verlagstreffens des extrem rechten „Jungeuropa“-Verlags in Freital bei Dresden im September 2025.
Mit Morgenstern war um 2021 auch Marco Gruner in Glauchau für die AfD tätig. Auch er ist kein Unbekannter im NS-Black Metal-Bereich. Er ist Betreiber des Labels „Purity Through Fire“, das seinen Sitz in Lichtensteiner Ortsteil Heinrichsort hat.
Wenn Karl Morgenstern auf Hardcore-Konzerten unterwegs ist, dann oft in Begleitung verschiedener Personen, die seit den 90er Jahren Teil der westsächsischen Hardcore-Szene sind. Eine Person, die sich in den sozialen Medien „xmurderiox“ nennt, ist mit Morgenstern, wie auch mit dessen ehemaligen Partnerin Janine Schöbitz eng befreundet. Wenn sich „xmurderiox“ auf Social Media nicht als Teilnehmer diverser Shows im „JZ Riot“ in Lichtenstein, im „AZ Dorftrottel“ in Waldkirchen, in der „Chemiefabrik“ in Dresden, im „UT Connewitz“ in Leipzig oder zuletzt an der Bühne bei einem Konzert von „Shelter“ im Leipziger Felsenkeller präsentiert, teilt er seinen Followern regelmäßig mit, welche neuen CDs und LPs er erstanden hat. Dabei reicht seine Sammlerleidenschaft von Vegan Straight Edge-Metal hin zu rechtem Neofolk, NS-Black Metal und RechtsRock wie „Skrewdriver“.

Die Hardcore-Szene im Zwickauer Land ist bis heute sehr aktiv und facettenreich. Über viele Jahre konnte sie in Läden wie dem „JZ Riot“ wachsen und gedeihen und war dabei immer bemüht, Neonazis und anderen Menschenfeinden die Stirn zu bieten. Neben dem politischen Bewusstsein und dem Wertegefüge vieler lokaler Akteur_innen, bildete u.a. die „Good Night White Pride“-Kampagne dabei einen wichtigen Ankerpunkt. Es ist immer einfach, von außen Schwachstellen aufzuzeigen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Outing von Neonazis wie Morgenstern und seinem Kameraden „xmurderiox“ als Teilnehmer von Konzerten in Läden wie dem „JZ Riot“, solidarisch und in keinster Weise als Vorwurf zu verstehen ist. Es ist – wie an vielen Stellen dieses Artikels – ein kleiner Reminder, dass Hardcore-Shows immer noch von Neonazis besucht und dadurch beeinflusst werden (können).
Kein provinzielles Problem
Das Problem mit Neonazis in alternativen, linken Locations ist bei Weitem kein ausschließlich sächsisches Problem. Hardcore-Shows und Metal-Konzerte gehören bundesweit zum beliebten Ausflugsziel der extremen Rechten, auch weil die eigene Szene nur vereinzelt musikalisch mithalten kann. Zudem finden schon länger keine größeren RechtsRock-Konzerte in Deutschland statt, da die Behörden mitunter sehr restriktiv geworden sind und dagegen vorgehen.
Werden Neonazis auf nicht-rechten Konzerten angesprochen und geoutet, wissen sie oft nicht, wie ihnen da geschieht. Etwa im April 2023, als Sven „Unhold“ Zimper aus Tangerhütte (Sachsen-Anhalt) – Musiker u.a. bei den Neonazi-Black Metal-Bands „Absurd“ und „Grand Belials Key“ und Betreiber des NS-Black Metal-Labels „World Terror Committee Productions“ – in Berlin-Kreuzberg, auf einem Konzert im „Lido“ auf seine extrem rechten Aktivitäten angesprochen wurde. Damals mussten er und seine Partnerin noch vor dem Headliner das Konzert verlassen – laut eigener, wehleidiger Aussage wohl nicht zum ersten Mal. 2024 begleitete Zimper die rechte Black Metal-Band „Horna“, 2025 dann die ebenfalls fragwürdige Band „Sargeist“ auf ihrer Europa-Tour. Bei beiden Touren mit gefahren war auch Lisa Rösel aus Leipzig, mindestens bei der Tour mit „Horna“ 2024 zudem StephanKuhr aus Jena. Kuhr ist Betreiber von „Parasite Gallows Booking“, für die auch Lisa Röckel arbeitet(e). Röckel ist darüber hinaus unter dem Namen „Salowe Vison“ als Grafik-Designerin tätig. Der Sitz des Unternehmens liegt in Leipzig-Connewitz, wo sie offenbar bis heute von einem Teil der nicht-rechten Black Metal-Szene geduldet wird.

Am besagten Konzert im „Lido“ mit dem Neofolk-Musiker „King Dude“, der sich damals auf der Bühne deutlich u.a. gegen Donald Trump positionierte, nahm nicht nur Sven Zimper teil, sondern auch Mario Suda, der heute in Brandenburg an der Havel lebt. Er ist seit Jahren Teil der extrem rechten Szene, aber auch immer wieder vor allem auf nicht-rechten Metal-Konzerten zu Gast. Mit der Neonazi-Szene in Sachsen-Anhalt, wo er ursprünglich herkommt, ist er bestens vertraut und unterhält dort zu dem mehrfach erwähnten Björn Rimmert gute Kontakte, wie auch zu Kevin Seifert. Gemeinsam mit den beiden war Suda, bekleidet mit einem Shirt der RechtsRock-Band „Skrewdriver“, im Oktober 2023 auf dem Black Metal-Festival „Black Hole Germania“ zu Gast, das in der Balver Höhle in Nordrhein-Westfalen ausgetragen wurde. Rimmert fertigte dort Fotos, wie auch im Februar 2025, als das Festival in der Schweiz stattfand. Eine Winter-Edition des Festivals soll im Übrigen im Dezember 2025 im Leipziger Club „Hellraiser“ stattfinden. Mit Neonazis muss gerechnet werden, denn das Festival selbst bot dem neonazistischen Teil der Subkultur schon ein paar Mal eine Bühne. Erst im Februar 2025 wurde die finnische NS-Black Metal-Band „White Death“ eingeladen.
Neben den „Kassierern“ und beim „Rock Against Communism“

In Hinblick auf Punk-und Hardcore-Shows in Berlin-Kreuzberg und darüber hinaus, bewegt sich auch ein anderer seit jeher sehr selbstbewusst: Martin „Eule“ Diener, Sänger der rechts-offenen Oi-Punk-Band „Lucky Punch“ aus Berlin. Wie kaum eine andere wandert die Band seit über 15 Jahren „zwischen den Welten“. Mal stand sie im Vorprogramm von bekannten Bands wie „Die Kassierer“ und „Pöbel & Gesocks“, mal teilte sie sich mit waschechten Neonazi-Bands die Bühne, etwa mit „Randall Gruppe“, „Bootboys Social Club“ oder „Old Firm“ 2012 in Tschechien. Das Musikprojekt, deren Lieder vor allem mit sexistischen Inhalten gefüllt sind, kann als „Grauzone“-Vorzeigeband bezeichnet werden. Oberflächlich will man nichts mit Politik zu tun haben, ist aber gegen „Politcal Correctness“. Konkret bedeutet das, dass die Band auch im Rahmen rechts-offener und extrem rechter, teils unter konspirativen Umständen durchgeführter Veranstaltungen auftritt, während gleichzeitig eine Nähe zur linken Subkultur besteht. Eine Abgrenzung findet nicht statt, wodurch Grenzen immer wieder verschwimmen.
Sich selbst macht es Diener im Privaten wesentlich einfacher. Zu seinem Freundeskreis gehören schließlich ganz offen auftretende Nazi-Skins. 2022 waren er und seine Partnerin „Kiki“ Teil einer „illustren“ Reisegruppe im Rahmen eines Konzerts von „Bombecks“ und „Hafenhauer“ im Raum Rostock. Ein Gruppenbild zeigt die beiden inmitten ihres Berliner Freundeskreises, von dem einige Personen Shirts von RechtsRock-Bands wie „Kahlkopf“ und „Endsieg“ tragen. Auch der (ehemalige) Schlagzeuger der rechten Berliner Oi-Band „Bullenschubser“, der bislang nur als „Erny“ bekannt ist, ist auf dem Gruppenbild zu sehen, bekleidet im Shirt der Nazipunk-Band „Kriegsberichter“. Auch mit „Bullenschubser“ teilte sich „Lucky Punch“ schon mehrfach die Bühne.
Bei der Teilnahme an rechten Konzerten beschränken sich Martin Diener und „Kiki“ nicht auf Deutschland. Im Juni 2023 nahmen sie am Festival „Chaos In The Sun“ teil, dass konspirativ auf dem Anwesen der Rocker des „Pawnees MC Maresme“, außerhalb von Santa Barbara bei Barcelona (Spanien), stattfand. Gespielt hatten dort RechtsRock-Bands wie „London Breed“ und „Thumbscrew“, während die Security des Konzerts von deutschen Neonazis der Bruderschaft „Voice of Anger“ unterstützt wurde. Das Zeigen von Hakenkreuz-Tattoos und RechtsRock-Shirts, sowie die Anwesenheit dutzender deutscher Neonazis – u.a. der bereits oben im NS-Black Metal-Kontext erwähnte Mario Suda – schienen für Diener und seine Partnerin kein Problem gewesen zu sein. Für 2026 ist u.a. die deutsche RechtsRock-Kultband „Endstufe“, sowie die US-amerikanische Neonazi-Band „Evil Inside“ angekündigt.

Aktuell ist Diener, der beruflich die Firma „DinAir GmbH“ leitet, auch weiterhin mit der rechten Subkultur verbunden, nimmt etwa an Kneipenabenden im „Heinzelmännchen“ in Berlin-Lichtenberg teil, wo sich seit einiger Zeit regelmäßig rechte Skins aus Berlin und Brandenburg einfinden. Der sich dort treffende Freundeskreis ist eng mit der rechten Konzertreihe „Oi! The New (Old) Breed“ verwoben, hinter der Mitglieder der Band „Bullenschubser“ und u.a. Ralf Luckow aus Königs Wusterhausen stecken. Luckow war in den 90ern bis in die 2000er Jahre Teil der militanten neonazistischen „United Skins“.
Anstellung statt Rauswurf im „Felsenkeller“

Im Schlepptau des „unpolitischen“ Luckow befand sich noch vor wenigen Jahren regelmäßig Marco Koppe aus Berlin. Koppe gehörte der Satire-Partei „Die Partei“ an, während er sich gleichzeitig in der rechten Oi-Szene bewegt. Seine Aktivitäten versteckte er zu keinem Zeitpunkt und gewährt bis heute in den sozialen Medien viele Einblicke in den Freundeskreis um Luckow und andere Berliner Nazi-Skins. Auf vielen Bildern ist Koppe selbst mit Shirts rechter Oi-Bands bekleidet, etwa „Condemned 84“, „Close Shave“, „Public Enemy“ und „Likedeelers“. Andere Bilder von Mai 2019 zeigen ihn bierselig Arm in Arm mit Ralf Luckow und Christian „Östi“ Oest aus dem Hamburger Raum, der als Bandmitglied der RechtsRock-Band „Abtrimo“ bundesweit bekannt ist.

Darüber hinaus gehört Koppe der rechten Berliner Oldschool-Hooligan-Gruppe „Wannsee Front“ an, die in der Fanszene von Hertha BSC aktiv ist. Als die Gruppe im September 2013 ihr 30-Jähriges Bestehen feierte, an dem Koppe teilnahm, stand u.a. ein langjähriges Mitglied der mittlerweile verbotenen Neonazi-Bruderschaft „Hammerskins Berlin“, am Grill. Zu der Feier war auch die „Borussenfront“ aus Dortmund gekommen, die u.a. von „SS Siggi“, Siegfried Borchardt (gestorben 2021), mitgegründet wurde.
Seit dem ist Koppe weiterhin mit der „Wannsee Front“ in unterschiedlichen Feierkontexten und im Stadion anzutreffen. 2023 teilte er in den sozialen Netzwerken eine Grafik zum 40-Jährigen Bestehen der Gruppierung, ein Jahr später ein Foto, das ihn im Shirt der Gruppe im Stadion zeigt.

Mit Marc Koppe schließt sich der Kreis nach Leipzig, schließlich zog er um 2021 in die Messestadt und fand einen Arbeitsplatz im „Felsenkeller“ im Leipziger Westen. Auch wenn er seit Sommer 2025 dort nicht mehr angestellt ist und mittlerweile laut eigenen Angaben im Altenburger Land (Thüringen) lebt, ist er immer noch regelmäßig im „Felsenkeller“ vor und hinter der Bühne anzutreffen. Wenn er dort nicht ist, spielt Koppe auch gern mal in der Kneipe „Old Rebel“ auf der Zschocherschen Straße Dart. Die im Südstaaten-Stil gehaltene Bar wird von Alexander Meyer betrieben, der selbst mit einer Reenactment-Gruppe jährlich den amerikanischen Bürgerkrieg nachspielt. In seiner Kneipe prahlt Meyer damit, dass er zu den Halloween-Feiern im „Old Rebel“ im Outfit der rassistischen Organisation „Ku Klux Klan“ hinter dem Tresen steht. Dort liegen auch etliche CDs einschlägig bekannter RechtsRock-Bands. Die Widmung „Für ‚Old Rebel‘ – Lunikoff“ steht etwa auf einer CD der Band „Old Lu & die Mississippi Lynchkapelle“ um den ehemaligen „Landser“-Sänger Michael „Lunikoff“ Regener aus Berlin. Regelmäßig habe er laut eigenen Verlautbarungen, die Konzerte von „Lunikoff“ besucht. Bilder zeigen Meyer darüber hinaus auf einem AfD-Aufmarsch in Berlin im Oktober 2022.
Der „Felsenkeller“ als Türöffner der rechten Oi-Szene
Auch durch das Arbeitsverhältnis von Koppe wurde der rechts-offenen und rechten Oi-Szene im „Felsenkeller“ die Tür geöffnet. Eine Szene, mit der sich länger auch im „Conne Island“ auseinandergesetzt werden musste, bis Hausverbote erteilt und Konzerte mit Bands aus der „Grauzone“ abgesagt worden. Dies tat dem Konzertgeschehen im Leipziger Süden enorm gut und wirkte wie ein Selbstreinigungsprozess. Unterschiedliche rechts-offene Personen verweilen seit dem nicht mehr in den umliegenden Kneipen, weil eine Sensibilisierung für das Thema stattfand.
Diese verstoßene Szene nistet sich aktuell im „Felsenkeller“ ein, wie auch anhand der ersten Auflage des „Oi! The Blast“-Festivals im April 2025 ersichtlich wird.

Während am Nachmittag Marco Koppe als „DJ Kloppe“ im Biergarten auflegte, spielten im Laufe des Abends u.a. die deutschen Oi-Bands „Trabireiter“ und „Dolly D.“, sowie internationale Größen wie „Discipline“ aus den Niederlanden und „Panzerknacker“ aus Österreich. Kritik und Vorwürfe, dass die Bands teils aus der rechten Szene stammen und mit ihrer Vergangenheit nie richtig aufgeräumt haben, interessierten die Veranstalter_innen, also den „Felsenkeller“ und die Magdeburger Booking-Agentur „Spirit From The Street“, wenig. Im Fall von „Discipline“, die schon 2018 für ein Konzert im „Felsenkeller“ angekündigt waren, kommt hinzu, dass die Band bis heute aufgrund ihrer konservativen bis rechten Ansichten großen Anklang in der Neonazi-Hooliganszene findet. Eine Show mit „Discipline“, die in ihrem Song „Death Penalty“ die Todesstrafe für Kinderschänder fordern, im Osten Deutschlands zu veranstalten ist fahrlässig. Für Menschen im queer und antifaschistisch geprägten Stadtteil rund um den „Felsenkeller“, sind solche Konzerte und das entsprechende Publikum bedrohlich. Es ist unbegreiflich, wie der „Felsenkeller“ so ein Line-Up zulassen kann. Dass „Discipline“ darüber hinaus kritikwürdig ist, wird hinsichtlich eines Konzerts im November 2025 deutlich. Angekündigt ist nämlich der Auftritt der Band, gemeinsam mit der rechten Oi-Band „The Pride“ in der Location „Barock“ in Brugge (Belgien). Die Location ist vor einigen Jahren in die Fußstapfen der bekannten Neonazi-Bar „De Kastelein“ getreten. Nicht zuletzt weil der Betreiber der „Barock“-Bar, Fabian „Suck“ Davidts, auch für das „De Kastelein“ verantwortlich war. Davidts ist darüber hinaus Sänger der Neonazi-Band „Les Vilians“.
Rechten Künstlern die (Podcast)Bühne bieten
Es verwundert nicht, dass auch Martin Diener aus Berlin den Weg zum „Oi! The Blast“ im Frühjahr 2025 fand. Für 2026 wird bereits die Werbetrommel für eine Zweitauflage des Ein-Tages-Festivals gerührt, auf dem u.a. „Bierpatrioten“ spielen sollen. Auch ein Live-Podcast gehört zum Programm, wie bei der Premiere des Festivals 2025, als dort Constantin Fritz seinem Podcast „Siegfried und Oi!“ aufnahm. Fritz wurde von seinem „Kumpel K(l)oppe“ schon 2024 in den „Felsenkeller“ eingeladen, als dort das „This Is Ska“-Festival stattfand.
Mit dem Podcast trifft Fritz den Nerv der rechts-offenen Oi-Szene. Seine Podcast-Gäste müssen sich nicht verbiegen, müssen nicht „politisch korrekt“ sein. So auch beim „Live Podcast“ im Rahmen des ersten „Oi! The Blast“-Festivals, als er die Band „Panzerknacker“ aus Wien interviewte. Immer wieder wurden Andeutungen gemacht, dass der Band ja ein Ruf vorauseilt, dass man gewisse Lieder beim Konzert nicht spielen werde – oder vielleicht doch, wie gescherzt wird. Zudem spielte Fritz die Aktivitäten des Sängers der Band im neonazistischen Fußballmilieu Wiens im Podcast runter.
Constantin Fritz spricht sich zwar auch gegen Neonazi-Skins aus, vor allem aus eigener negativer Erfahrung, aufgewachsen als Punk in Mecklenburg-Vorpomern, bietet dann aber rechten Skins eine Plattform. Zu seinen Gästen zählte nämlich nicht nur der ehemalige Sänger der rechten Oi-Band „Rabauken“, sondern auch „Roman“, der Ehepartnerin der einst bekannten veganen Aktivistin Kim Strickling (ehemals Kowalski) aus Dortmund. „Roman“ stammt aus Österreich und zog mit Strickling Mitte der 2010er Jahre nach Margate (England). Im Sommer 2017 nahm Roman am Großkonzert „Rock gegen Überfremdung“ in Themar (Thüringen) teil, wo tausende Neonazis beim Auftritt der Band „Stahlgewitter“ kollektiv den Hitlergruß zeigten. Als „Roman“ und Kim Strickling im Herbst 2018 in England heirateten, waren auch einige deutsche Neonazis geladen, darunter etwa der Hammerskin Philipp Neumann. Die Verbindung von „Roman“ in die Neonazi-Szene kann Constantin Fritz nicht entgangen sein. Vielmehr blendet er diese im Podcast aus und stellt auch die Teilnahme von „Roman“ an einem Konzert der rechten Oi-Band „Condemned 84“ als normales Ereignis in der Erlebniswelt eines Skins dar. Auch hier „vergisst“ Fritz, dass „Condemned 84“ bereits vor knapp 25 Jahren im „Skinhouse Milano“, dem Clubhaus der italienischen Hammerkins, spielten und sich seit dem regelmäßig international die Bühne mit zig rechten Bands, in einschlägigen Locations teilen – zuletzt im Oktober 2025, als sie im „Gradus Club“ in Verona, dem Clubhaus der Neonazi-Organisation „Veneto Fronte Skinheads“, u.a. mit der deutschen Band „Prolligans“ auftraten.

Eine Live-Aufzeichnung von Fritz’ Podcast gab es auch auf dem „Spirit“-Festival, dem Haus-Festival des „Spirit From The Street“-Booking. Das Festival gilt als „Familientreffen“ der Oi-und Punkszene, auch unter Beteiligung von Personen wie dem erwähnten Martin Diener aus Berlin. Ein Foto vom Festival 2025 zeigt ihn u.a. mit Stefan Lodahl aus Sachsen-Anhalt. Lodahl ist auch auf zahlreichen Bildern des Punk-und Hardcore-Festivals „Aint Like You“ zu sehen, oft an prominenter Stelle. Der stark tätowierte Selbstdarsteller ist Sänger der Streetcore-Band „Rascals Inc“ aus Sachsen-Anhalt, in der niemand geringeres als Stefan „Ernie“ Behrens an der Gitarre steht. Bekannt ist dieser als langjähriges Mitglied der Neonazi-Hooligan-Band „Kategorie C“.
Das Fehlen einer gründlichen politischen Auseinandersetzung auf Festivals lädt nicht nur den rechts-offenen Rand der Oi-und Punkszene ein. Auch langjährig aktive Neonazis wie Sebastian Reiche aus dem Raum Dresden finden so immer wieder Schlupflöcher in der „unpolitischen“ Szene. Besonders die „alten“, nicht-rechten Kult-Bands „Cock Sparrer“ und „UK Subs“ haben es Reiche angetan. Für Konzerte der Bands reiste er schon alleine nach Berlin.

In Reiches Freundeskreis um die RechtsRock-Bands „Selbststeller“ und „True Aggression“ aus Riesa, wächst schon der Neonazi-Nachwuchs nach, der ebenfalls auf nicht-rechten Oi-und Punk-Konzerten zu treffen ist. Erwähnenswert ist dabei besonders Wieland Herbst aus Großenhain bei Riesa, der in seinem Nazi-Skin-Freundeskreis tonangebend ist. Er ist der Sohn von Volker Herbst, dem Schlagzeuger von „Selbststeller“.
Wirklich nur ein Problem von außen?
Die Ausrichtung von Konzerten wie dem „Oi! The Blast“ und die Anstellung vom rechten Skinhead Marco Koppe im „Felsenkeller“ sind nur die Spitze des Eisbergs in der Location im Leipziger Westen. Erwähnenswert ist schließlich auch Philipp Hanslik, der den Podacst „A Distanza“ zum Teil in den Räumen des „Felsenkeller“ aufnimmt. Auch moderierte er im März 2025 eine Lesung mit dem neoliberalen Autoren Ulf Poschardt, die unter der Schirmherrschaft der FDP-nahen „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ stand. Poschardt steht seit Jahren in der Kritik, dass dürfte auch dem „Felsenkeller“ nicht entgangen sein. Trotzdem konnte die Lesung genau dort stattfinden.
Philipp Hanslik wiederum lässt sich in seinem Podcast gern über die Klimabewegung aus, referiert gegen „intersektionalistische Bullshit-Theorien“ und „Wokeness“, reproduziert islamophobe Stereotypen und wird bei all dem nicht müde zu erwähnen, wie toll die Zeit doch war, als es auf Hardcore/Punk-Konzerten noch kein Awareness-Team gab. Stattdessen durfte man(n) sich oberkörperfrei im Pogo bewegen und politisch unkorrekt sein, ohne dass es man direkt gecancelt wurde. Hanslik stammt selbst aus der linken Szene und war ebenfalls in der Subkultur aktiv.
Rechter Neofolk im „Felsenkeller“

Wenige Monate vor der Lesung mit Ulf Poschardt konnte außerdem das rechte Neofolk-Projekt „Death In Rome“ im „Felsenkeller“ auftreten. Ein bekanntes Werk der Band ist eine Coverversion des Pop-Songs „Barbiegirl“. Im Internet ist der Song mit einer Grafik verknüpft, die den NS-Kriegsverbrecher Klaus Barbie zeigt.
Begleitet wurde „Death In Rome“ im „Felsenkeller“ im Januar 2025 vom Musiker Miro Snejdr alias „Herr Lounge Corps“, eine umtriebige Gestalt in der rechten Neofolk-und Black Metal-Szene. Angekündigt war dieser nur als „Special Guest“, wahrscheinlich um mögliche Kritik im Vorfeld des Konzerts zu unterbinden. Ein kurzer Blick ins Social Media-Profil von Snejdr bzw. „Herr Lounge Corps“, gibt einen Blick in eine extrem rechte Weltanschauung frei, die in einem Kulturbetrieb wie dem „Felsenkeller“ nichts verloren hat. Immer wieder macht der Künstler Anspielungen auf rechte Szene-Codes und posiert darüber hinaus mit Protagonist_innen der rechten Neofolk-Szene. Ein Bild zeigt ihn auch mit Douglas Pearce, der mit seinem Projekt „Death In June“ musikalisch und politisch als Wegbereiter der Szene gilt. Snejdr wirkte mehrfach auf Produktionen von „Death In June“ mit.
Ein Blick in die sozialen Netzwerke hätte also ausgereicht, um eine Unvereinbarkeit von „Death In Rome“ und „Herr Lounge Corps“ mit dem „Felsenkeller“ feststellen zu können.
Während Konzerte mit „Death In Rome“ und „Herr Lounge Corps“ 2023 im „Urban Spree“ in Berlin und im Leipziger „Bandhaus“ abgesagt worden, steht der „Felsenkeller“ dem Neofolk-Label „Only The Sun Knows“ aus Dessau (Sachsen-Anhalt) seit fast zehn Jahren für Konzerte treu zur Seite. Dem Label gehört u.a. Miro Snejdr mit „Herr Lounge Corps“ an, der mit dem Inhaber des Labels, Jan-Steven Fricke, eng befreundet ist. Fricke, der auch das Dessauer Oi-Punk-Label „Halb 7 Records“ betreibt, zeigt sich in den sozialen Netzwerken im Shirt der extrem rechten Neofolk-Band „Death In June“ und teilt unkommentiert Grafiken, die durch ihre Mehrdeutigkeit wohl provokativ zu verstehen sein sollen – etwa das Bild eines antiken Untersetzers mit Hakenkreuz, platziert auf einer Tischdecke mit Hakenkreuz-Muster.

In Frickes „Only The Sun Knows“-Webshop konnte man bis vor kurzem noch Karten für ein anstehendes Neofolk-Konzert im „Felsenkeller“ im Januar 2026 mit „Darkwood“ und „Spiritual Front“ erwerben. Laut eigenen Angaben ist das Konzert im Shop ausverkauft. Den beiden Bands eilt ebenfalls der Ruf voraus, der Soundtrack der „Neuen Rechten“ zu sein. „Darkwood“ und „Spiritual Front“ sind u.a. auf dem Anfang der 2000er Jahre erschienenen Sampler „Codreanu: Eine Erinnerung An Den Kampf“ vertreten – eine Hommage an den rumänischen Faschisten-Führer Corneliu Zelea Codreanu. Beim italienischen Label „Oktagön“, das diesen Sampler produzierte, veröffentlichten „Spiritual Front“ damals auch ihr zweites Album. „Darkwood“ findet man hingegen auch in den Veröffentlichungen des extrem rechten Labels „Lichterklang“. Statements oder deutliche Positionierungen, die diese Nähe der Bands zur extremen Rechten entkräften würden, sucht man seit Jahren vergeblich.
Deutliche Worte gegen eine Vereinnahmung von Rechts, findet auch der „Felsenkeller“ bislang nicht. Mehrfach standen Konzerte, die in dem Veranstaltungsort ausgetragen worden, in der Kritik. Erwähnenswert ist hierbei nicht zuletzt der Auftritt des rechts-offenen Hardtekk-Künstlers „Schillah“ im November 2025, der sogar in der Leipziger Volkszeitung thematisiert wurde. Dazu gesellt sich ein Konzert des Künstler-Kollektivs „Hgich.T“ in den Räumen des „Felsenkeller“ im Oktober 2025. Das Kollektiv ist vielen bekannt, auch aufgrund einer Vergewaltigung im Rahmen eines Auftritts im „Conne Island“ im Dezember 2019.
Es wäre wünschenswert, wenn die hier vorliegende Recherche zum Anlass genommen wird, eigene Werte grundlegend zu überdenken und Neonazis auf, hinter und vor der Bühne konsequent zu verweisen.
